Die Taube ist eines der ältesten Haustiere des Menschen. Sie ist auf allen Kontinenten verbreitet und gehört zum Stadtbild vieler Städte. Die Haltung der Menschen in den Städten gegenüber den Stadttauben ist eher negativ geprägt. Für die meisten Leute sind die Tauben ein einziges Ärgernis, die nur Schmutz verursachen und Krankheiten übertragen. Viele Menschen versuchen daher die Tauben mit drangsalierenden Massnahmen von Balkonen oder Nischen zu vertreiben, um das Brüten zu verhindern. Dazu werden die sehr gefährlichen Taubenspikes installiert, an denen sich Tauben und andere Vögel verletzen können und zu grossem Leid führen. Dass Stadttauben einen schwierigeren Stand haben als andere Tiere in der Stadt hat aber auch mit vielen Klischees und Vorurteilen zu tun. Wenn man sich mit ihnen näher auseinandersetzt, erhält man rasch ein anderes Bild.
Wie Medienberichte Anfang des Jahres zeigten, werden Stadttauben auch in Basel kontrovers diskutiert (vgl. bzBasel vom 4. und 8. Januar). Sie zeigen auf, dass das Thema nicht ignoriert werden kann und dass rasche Massnahmen notwendig sind. Aktuelle Schätzungen des Kantons gehen von einer Taubenpopulation von rund 5000 – 8000 Tieren aus, wobei es keine genauen Zahlen gibt, wie der Regierungsrat in der Antwort der Schriftliche Anfrage Harald Friedl 21.5312 vom 14.04.2021 schreibt. Als einzige Massnahme hat der Kanton nach der Schliessung von den bis zu 13 Taubenschlägen im kantonalen Übertretungsstrafgesetzes ein Fütterungsverbot für freilebende Tauben (§ 21 Abs. 1, ÜStG) eingeführt. Ein einberufener runder Tisch, um die Probleme im Gundeldingerquartier anzugehen, wurde leider nach einer einmaligen Durchführung wieder aufgegeben.
Der richtige Umgang mit Stadttauben und die Verantwortung der öffentlichen Hand ist umstritten und führt zu unterschiedlichen Konzepten, vor allem im deutschsprachigen Raum. Dabei ist es nicht vorteilhaft, dass viele verschiedene Meinungen vorhanden sind, die sich teilweise diametral widersprechen. Dazu zwei Beispiele:

  • Der Kanton spricht bei Stadttauben konsequent von Wildtieren, während Studien belegen, dass Stadttauben verwilderte Haustiere sind, die auf Menschen angewiesen sind.
  • Der Kanton schreibt, dass das Betreiben von Taubenschlägen wirkungslos sei. Eine neue umfangreiche Studie aus Deutschland widerlegt dies eindrücklich und zeigt die Wirkung in über 30 untersuchten Städten mit betreuten Taubenschlägen auf. Die Betreuung der Tiere und kontrollierte Fütterung hat äusserst positive Wirkung auf Gesundheit der Tauben. Auch eine Kontrolle der Population ist so möglich.

Basel war einst Pionierin in Europa bezüglich dem Taubenmanagement. Bereits 1988 wurde ein erster Taubenschlag erstellt und bis 1999 wurden bis zu 13 Taubenschläge von einem Taubenwart betreut, um den Stadttauben einen Unterschlupf und geschützten Aufenthaltsort zur Verfügung zu stellen und sie gesund zu halten. Dabei wurden auch die gelegten Eier mit Gipseiern ausgetauscht um die Population der Tauben zu kontrollieren. Der Taubenkot, gemäss Aussagen des Taubenwarts körnig und trocken, wurde als hochwertiger Dünger, gerne von umliegenden Landwirtschaftsbetrieben entgegengenommen. Leider wurden diese Taubenschläge von heute auf morgen geschlossen, scheinbar einzig aufgrund der fehlenden finanziellen Mittel. Als Folge verteilten sich die standorttreuen Tauben in der Nähe der ehemaligen Taubenschläge in den Quartieren. Einige der ehemaligen Schläge sind offensichtlich noch vorhanden und könnten reaktiviert werden.
Die Anzugsstellenden sind der Meinung, dass es Aufgabe der Stadt und des Kantons ist, mehr Verantwortung für die Stadttauben zu übernehmen. Für Pflege und Betreuung von Stadttauben stehen diverse Konzepte in anderen Städten der Schweiz und Deutschland als Anschauungsbeispiele zur Verfügung. Sie beruhen auf der Einrichtung von betreuten Taubenschlägen mit artgerechter Fütterung, gesundheitlicher Betreuung und Regulation der Population mittels Eierattrappen. Die Tauben verbringen die meiste Zeit im Schlag und der Kot verbleibt dort. Weit herum bekannt ist das Modell der Stadt Augsburg, wo 12 Taubenschläge betrieben werden. Das wirksamste Stadttaubenkonzept der Schweiz hat wohl die Stadt Bern, zu dem es eine eindrückliche Reportage von SRF gibt. Auch der Stadtrat von Thun hat letzthin beschlossen ein Stadttaubenkonzept einzuführen. Zudem hat auch Basel-Stadt schon selbst Erfahrung in der Betreuung von Stadttauben, auf die er zurückgreifen kann.
Die Unterzeichnenden bitten den Regierungsrat zu prüfen und zu berichten:

  1. Wie eine vogelkundige Fachstelle mit genügend Ressourcen für die Aufgaben der Stadttaubenpflege geschaffen werden kann. Dazu soll der Kanton auch Kooperationen mit lokalen Tierpärken und/oder Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen inklusive Taubenschutzvereinen in Betracht ziehen.
  2. Wie der Kanton die Stadttaubenpopulation nachhaltig und tierschutzkonform betreuen und kontrollieren kann. Dabei soll er sich insbesondere am Modell der Stadt Bern orientieren mit der Errichtung von städtischen Taubenschlägen mit einem Fütterungskonzept in den Schlägen oder definierten Fütterungsplätzen inklusive Geburtenkontrolle mit Eierattrappen.
  3. Ob für die Erstellung eines kantonalen Stadttaubenkonzepts (wie unter Pkt. 2 beschrieben) eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe Stadttauben eingesetzt werden kann unter Berücksichtigung des Basler Taubenschutzes.
  4. Wo es optimale Standorte für den Betrieb von Taubenschlägen gibt. Dabei sollen auch die geschlossenen, aber noch intakten Schläge, sowie neue Taubentürme oder Taubenhäuser in den Parks in Betracht gezogen werden, wie sie vereinzelt in deutschen Städten oder im Iran bekannt sind.
  5. Wie die Bevölkerung über den Umgang mit Tauben über das Stadttaubenkonzept aufgeklärt und sensibilisiert werden kann.

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