Das vorgeschlagene Behindertenrechtegesetz könnte ein Meilenstein werden. Es braucht aber Nachbesserung im Personal- und Beschaffungsrecht.
Mit Zunahme des gesellschaftlichen Leistungsdrucks und der Rationalisierung und Effizienzsteigerung verschiedenster Lebensbereiche besteht zunehmend die Gefahr, dass Personen aufgrund einer Behinderung an den Rand der Gesellschaft gestossen und in ihrer Entfaltung eingeschränkt werden. Der Staat soll deshalb die Rahmenbedingungen verbessern und damit als Kanton eine Vorreiterrolle einnehmen. Aus diesem Grund soll die Definition der vom Gesetz erfassten Menschen mit einer Behinderung breit gefasst werden.
Neben dem Schutz vor Benachteiligung und den Fördermassnahmen soll die Verbesserung der Zugänglichkeit der Behörden-Leistungen im Vordergrund stehen. Der Austausch mit Behörden kann überfordern, da organisatorische oder betriebliche Schwierigkeiten zu meistern sind und für die Betroffenen Barrieren darstellen. Zum Beispiel kann eine mündliche Erläuterung bei Verständnisschwierigkeiten in vielen Fällen hilfreich zur Vermeidung von Missverständnissen oder Konflikten sein.
Das Gesetz sollte zudem eine niederschwellig zugängliche Informations- und Unterstützungsstelle vorsehen, welche Menschen mit einer Behinderung bei Schwierigkeiten im Kontakt mit Behörden im Bedarfsfall berät und begleitet. Es bestehen zwar einzelne Anlaufstellen: Der Zugang zu solchen, häufig für spezifische Einzelfragen vorgesehene Stellen, ist aber für Menschen mit Alltagsschwierigkeiten oft zu wenig niederschwellig.
Kanton hat als Arbeitgeber Vorbildfunktion
Auch lässt der Gesetzesentwurf eine griffige Formulierung von Vorgaben an den Kanton als Arbeitgeber zur Förderung von Menschen mit einer Behinderung vermissen. Dieser sollte wie auch bei der Gleichstellung der Geschlechter eine Vorreiterrolle übernehmen.
Schliesslich wären Vorschriften zur Sicherstellung der Gleichstellung und Integration von Menschen mit einer Behinderung im Beschaffungsrecht sinnvoll. Kanton, Gemeinden und öffentlich-rechtliche Institutionen können mit der Auftragsvergabe Einfluss auf die Arbeitsbedingungen bei den Anbietenden nehmen. Es sollte daher bei Ausschreibungen die Möglichkeit bestehen, Anforderungen an die Gleichstellung respektive Integration von Menschen mit einer Behinderung als Eignungs- oder Zuschlagskriterium aufzunehmen.

Vernehmlassung zum Entwurf des Gesetzes über Rechte von Menschen mit Behinderung (Behindertenrechtegesetz, BRG)

Das vorgesehene Gesetz ist zu begrüssen. Es entspricht einem grossen Anliegen der Grünen Partei, dass alle Menschen aktiv am gesellschaftlichen Leben in all seinen Facetten teilhaben können. In einer Welt, in welcher der gesellschaftliche Leistungsdruck zunimmt und Rationalisierung und Effizienzsteigerung verschiedenste Lebensbereiche tangieren, besteht zunehmend die Gefahr, dass Teile der Bevölkerung mit einer Beeinträchtigung, etwa aufgrund einer Behinderung, an den Rand der Gesellschaft gestossen und in ihrer gesellschaftlichen Entfaltung eingeschränkt werden. Es ist daher richtig und angezeigt, dass der Staat mit dem geplanten Gesetz Massnahmen für die rechtliche und tatsächliche Verbesserung der Rahmenbedingungen für solche Menschen festschreibt. Daher wird auch die Vorreiterrolle, welche der Kanton Basel-Stadt mit dem geplanten Behindertenrechtegesetz anstrebt, ausdrücklich gestützt.
Es ist aus unserer Sicht richtig, dass die Definition der vom Gesetz erfassten Menschen mit einer Behinderung in § 2 BRG breit gefasst werden soll.
Verbesserung des Behördenzugangs
Im Vordergrund steht für die Grüne Partei neben dem Schutz vor Benachteiligung gemäss § 4 und den Fördermassnahmen gemäss § 5 BRG die Verbesserung der Zugänglichkeit der Leistungen von Behörden und anderen für die Öffentlichkeit bestimmten Anbietern für Menschen mit Behinderungen. Menschen mit einer Behinderung können im Austausch mit Behörden etc. überfordert sein, da organisatorische oder betriebliche Schwierigkeiten zu meistern sind, welche für die Betroffenen als Barrieren empfunden werden. Dazu gehören neben den teilweise immer noch fehlenden Zugängen für Menschen mit einer Gehbehinderung etc. vor allem Schwierigkeiten in der Kommunikation. Es ist daher wichtig, dass die Anbieterinnen und Anbieter von öffentlich zugänglichen Leistungen gemäss § 6 BRG in einer für betroffene Menschen mit einer Behinderung verständlichen Art und Weise kommunizieren. Die Möglichkeit, etwa bei Verständnisschwierigkeiten eine mündliche Erklärung resp. Erläuterung zu verlangen, kann sicherlich in vielen Fällen hilfreich zur Vermeidung von Missverständnissen oder Konflikten sein.
Niederschwellige Informations- und Unterstützungsstelle
Es wäre zudem angezeigt, wenn im Gesetz eine Stelle vorgesehen würde, welche Menschen mit einer Behinderung bei Schwierigkeiten im Kontakt mit Behörden etc. im Bedarfsfall berät und begleitet. Administrative Schreiben können von Menschen mit einer Behinderung nicht oder nicht richtig verstanden werden, was dazu führt, dass sie ihre Rechte nicht wahrnehmen oder auf solche Schreiben nicht adäquat reagieren. Es bestehen zwar durchaus einzelne Anlaufstellen, wie etwa Rechtsberatungsstellen oder im Konfliktfall die Ombudsstelle. Der Zugang zu solchen, häufig für spezifische Einzelfragen oder Konfliktfälle vorgesehene Stellen, ist aber für Menschen mit Alltagsschwierigkeiten oft zu wenig niederschwellig. Es wäre daher zu begrüssen, wenn im Gesetz eine niederschwellig zugängliche Informations- und Unterstützungsstelle vorgesehen würde.
Vorgaben für den Kanton als Arbeitgeber
Die Grüne Partei vermisst im Gesetzesentwurf eine griffige Formulierung von Vorgaben an den Kanton als Arbeitgeber zur Förderung von Menschen mit einer Behinderung. Der Kanton sollte in diesem Bereich, wie auch bei der Gleichstellung der Geschlechter, eine Vorreiterrolle übernehmen, welche im Gesetz zum Ausdruck gebracht wird.
Sicherstellung von Gleichstellung und Integration
Zudem wären Vorschriften zur Sicherstellung der Gleichstellung und Integration von Menschen mit einer Behinderung im Beschaffungsrecht angezeigt. Der Kanton, die Gemeinden und die öffentlich-rechtlichen Institutionen können mit der Vergabe von Aufträgen einen gewichtigen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen bei den Anbietenden nehmen. Es ist wichtig, dass auch in diesem Bereich dem Anliegen des Behindertenrechtegesetzes Rechnung getragen wird. Es sollte daher die Möglichkeit bestehen, bei Ausschreibungen Anforderungen an die Gleichstellung respektive Integration von Menschen mit einer Behinderung als Eignungs- oder Zuschlagskriterium aufzunehmen.