Heute morgen präsentierte der Regierungsrat seinen Entwurf zur Wiedereinführung eines ausgedehnten Bettelverbots. Die Parteien BastA! und Grüne Basel-Stadt sind enttäuscht, dass der Kanton nun versucht, Armut “menschenrechtskonform” zu kriminalisieren, anstatt Lösungsansätze aufzunehmen, die von linker Seite wiederholt eingebracht wurden.
Um Hilfe bitten ist ein Menschenrecht. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hielt in seinem Urteil vom 19. Januar 2021 fest, dass ein generelles Bettelverbot ein Verstoss gegen die Europäische Menschenrechtskonvention ist. Der Regierungsrat hat versprochen, diesen Entscheid zu berücksichtigen. Entgegen diesem Versprechen hat er heute einen Gesetzesentwurf veröffentlicht, der das Betteln in weiten Teilen der Stadt kriminalisiert. Je nach Auslegung des Gesetzes wird das Betteln an nahezu allen öffentlichen Orten verboten. Im Minimum sollen Bettelnde von allen Orten vertrieben werden, in denen es möglich ist, mit Betteln über die Runden zu kommen. Bettelnde an den Stadtrand zu verbannen und zu glauben, dass damit öffentliche Ordnung, Sicherheit und Ruhe hergestellt werden und der menschlichen Ausbeutung der Kampf angesagt wird, ist mindestens zynisch.
Begleitmassnahmen
Die im Gesetzesentwurf vorgeschlagenen Begleitmassnahmen reichen bei weitem nicht. Das angedachte soziale Engagement in Rumänien ist sicher dienlich und auch der Kampf gegen Menschenhandel ist wichtig, doch ist er genau wie die Nothilfe, die Gassenküche und die Notschlafstelle eine schon jetzt bestehende Aufgabe. Der Verweis auf diese schon bestehenden Massnahmen wird der schwierigen Situation der Armutsbetroffenen nicht gerecht. Unverständlich ist auch der mangelnde Dialog mit den involvierten Institutionen sowie die mangelnde Berücksichtigung bestehender wissenschaftlicher Erkenntnisse oder der Praxiserfahrung anderer europäischer Städte.Es braucht zusätzlich Austausch und Kooperation u.a. mit Betroffenenorganisationen und Gassenarbeiter*innen im Kanton, denn auch hier gilt es Menschenwürde und Menschenrechte von Bettelnden und Armutsreisenden zu wahren. Ebenso müssen Sensibilisierungsmassnahmen für die Basler Bevölkerung zum Umgang mit Armut angedacht werden. Weiter braucht es konkrete sozialpolitische Massnahmen in den Bereichen der Übernachtung und der Gepäckaufbewahrung, um den öffentlichen Raum zu entlasten und gleichzeitig für Betroffene würdige Hilfestellungen zu bieten.
Dialog statt Repression
„Es ist nachvollziehbar, dass Menschen durch die für sie ungewohnte Situation der vermehrten Sichtbarkeit von Armut verunsichert sind und sich auch daran stören, aber das Ergebnis darf nicht sein: weg mit den Armen!“ erklärt Heidi Mück. Insgesamt zeigt diese law and order-Politik der bürgerlichen Regierungsmehrheit, dass sie sich konstruktiven Lösungen für Armutsbetroffene verweigert. “Dass wir als liberale Gesellschaft bei Problemen lieber wegschauen, seien sie noch so existenziell, finde ich bedenklich”, sagt Lea Wirz, Grossrätin Grüne.
Die beiden Parteien werden den Ratschlag im Grossen Rat bekämpfen und sich weiterhin für einen humanitären Umgang mit Armutsbetroffenen einsetzen.