Der Nationalrat lehnte im Dezember das CO2-Gesetz als Ganzes ab. Auch die Grünen stimmten gegen die Vorlage. Denn das Gesetz war schon in der Version des Bundesrats ungenügend. Der Nationalrat hatte ihm noch die letzten Zähne gezogen.
Die Hitze und Dürre letzten Sommer haben es erneut gezeigt: Die Klimakrise ist längst Realität und wird auch für uns immer mehr zur Bedrohung: Tigermücken, Notschlachtungen, Fischsterben, ausgetrocknete Wälder sind ein Vorgeschmack auf die Zukunft. Schaffen wir es nicht, die menschengemachte Klimaerhitzung auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen, dann werden sich die Naturkreisläufe unumkehrbar verändern mit verheerenden Folgen für unsere Lebensräume und Lebensgrundlagen.
Was mir Sorgen macht, ist die Geschwindigkeit der Veränderung. Wir müssen jetzt einen grundlegenden Wandel einleiten. Ab Mitte dieses Jahrhunderts darf weltweit kein CO2 mehr in die Atmosphäre gelangen. Die Menschheit muss Öl, Gas und Kohle vollständig einsparen oder ersetzen. Und sie muss die Voraussetzungen schaffen, um unvermeidliche Treibhausgase zum Beispiel aus der Landwirtschaft zu speichern, etwa in Wäldern oder in humusreichen Böden.
Nächste Generation trägt die Folgen
Die Schweiz ist stärker von der Klimakrise betroffen als bisher angenommen. Die kürzlich veröffentlichten Klimaszenarien der ETH sprechen eine klare Sprache: Ohne griffige Klimaschutzmassnahmen steigen die Sommertemperaturen 2050 um bis zu 4,5 Grad über dem heutigen Durchschnitt an. Mein Patenkind ist dann 40 Jahre alt. Seine Generation wird die Probleme ausbaden müssen, die die Erwachsenen von heute vor sich herschieben.
Viele wollen nichts an ihrem Leben ändern und schränken so die Wahlmöglichkeiten unserer Kinder ein. Besonders schwer für mich wiegt aber, dass auch die Politik versagt. Anstatt die Anstrengungen zu verdoppeln, steht die rechtsbürgerliche Mehrheit auf die Bremse.
Aus dem von Anfang an ungenügenden CO2-Gesetz hat der Nationalrat auch noch das Inlandziel und Anforderungen an Klimaschutzmassnahmen im Ausland gestrichen. Die Schweiz würde sich so mit internationalen Klimazertifikaten billig freikaufen. Zudem hat die Nationalratsmehrheit die Regeln für effizientere  Fahrzeuge geschwächt, statt endlich weitergehende Massnahmen im Bereich der Mobilität zu ergreifen, wo der Handlungsbedarf inzwischen am grössten ist. Die Schweiz hätte sich mit dem Gesetz von jeder glaubwürdigen Klimapolitik verabschiedet, das Nein dazu ermöglicht nun einen Neustart.
Finanzbranche und Flugverkehr in der Pflicht
Was nötig wäre, zeigten die Grünen bereits vor der Debatte: Konkret fordern wir, dass endlich auch der Flugverkehr – insbesondere mittels einer Flugticket-Abgabe – und die Finanzbranche einen Beitrag an die Reduktion des CO2-Ausstosses leisten (Carbon Divestment). Zudem muss das CO2-Gesetz endlich die  finanziellen Mittel für Massnahmen zur Anpassung an die Klimakrise und für den globalen Klimaschutz für die ärmsten Länder sicherstellen.
Die Debatte zum CO2-Gesetz hat erneut gezeigt: Der Rechtsrutsch bei den Wahlen 2015 hat die Schweiz in der Klimapolitik in die Sackgasse geführt. Die bürgerliche Mehrheit im Parlament hat das CO2-Gesetz ausgehöhlt und den Klimaschutz in der Schweiz faktisch abgeschafft. Die Wahlen dieses Jahr werden zur  #Klimawahl2019: Für mehr Klimaschutz braucht es mehr Grün im Parlament.
Artikel erschienen im Grünwärts Januar 2019.
Regula Rytz, Nationalrätin und Präsidentin Grüne Schweiz