Wenn grosse internationale Treffen beginnen, wie der G20-Gipfel oder die UN-Klimakonferenz, besetzen Gruppenbilder von wichtigen Politiker*innen die
Titelseiten vieler Tageszeitungen. Am Ende berichten Medien dann über das Ergebnis, wie den 30×30-Beschluss der Biodiversitätskonferenz in Montreal
– und das Treffen gerät wieder in Vergessenheit. Was zwischen gestellten Fotos und originellen Resolutionsbezeichnungen passiert, bleibt in der
Berichterstattung oft auf der Strecke: ein Bericht.

Falls hier nun grössere Hoffnungen auf eine Reportage über die internen Geschehnisse einer COP geweckt wurden, muss ich dich enttäuschen. Hier geht
es um die trinationale Oberrheinkonferenz. Noch nie gehört? Ich auch nicht, bis ich dazu eingeladen wurde.

An der Oberrheinkonferenz

Es ist der 9. Dezember, wir sind zwölf Minuten hinter dem getakteten Zeitplan und Jo Vergeat hält eine Empfangsrede. Die Gruppenfotos mit allen wichtigen Menschen waren gemacht, und alle sassen auf ihren Plätzen, Deutschland links, Frankreich rechts und die Schweizer Delegation in der mittleren Abteilung. Alle klar erkennbar durch kleine Flaggen auf den Pulten der vordersten Reihe. Es wäre aber auch an den dicken Aktenordnern erkennbar gewesen, welche die deutsche Delegation vor sich aufgeschlagen hatte, als einzige. Die anderen trugen die meisten Dokumente in digitalisierter Form bei sich.

Ebenfalls hätte die Beobachtung der Headsets ziemlich schnell Aufschluss über die Sitzordnung gegeben. Denn je nach gesprochener Sprache setzten
die einen oder anderen gehetzt ihre Kopfhörer auf, um ja nichts zu verpassen von dem, was da gerade gesagt wurde. Jetzt ist Beat Jans an der Reihe mit dem Jahresrückblick. Er schliesst mit dem grossen Erfolg dieses Jahres: Nach jahrelangem Streit mit dem Finanzdepartement liess Ueli Maurer höchstpersönlich in einem Brief mitteilen, dass Frischwaren, die nicht weiter als zehn Kilometer von der Schweizer Grenze entfernt produziert wurden, weiterhin zollfrei in Basel verkauft werden dürften.

Den grossen Applaus, der darauf folgt, dürfte man zu Recht hinterfragen, wäre der Grossratsaal nicht so aufgeladen mit diplomatischer Höflichkeit. Jede
Gelegenheit wird genutzt, um sich für die gute Zusammenarbeit zu bedanken und den gegenseitigen Respekt zu betonen, sodass man um 12.23 Uhr bereits über eine Stunde in Verzug sein wird.

In der Zwischenzeit wird über zweisprachige Kindergärten, eine Klimacharta, Energieresilienz, Gesundheitsversorgung und das veraltete Klimaenergiekonzept gesprochen, wobei über die beiden letztgenannten Themen wohl eher gestritten wurde. Diplomatisch versteht sich.

Vertrauen schaffen

Beide Mal geht es um einzelne Wörter, um die gerungen wird, und mir wird bewusst, wie viel Bedeutung so ein paar aneinandergereihte Buchstaben haben, wenn man sie in ein Gesetz oder eine Resolution schreibt. Ich verstehe plötzlich, wieso dieser diplomatische Umgang so wichtig ist: Wenn 150 Menschen, die sich kaum kennen, die in unterschiedlichen Bildungs- und Politiksystemen aufgewachsen sind und noch nicht einmal die gleiche Sprache sprechen, eine gemeinsame Entscheidung treffen wollen, die Zusammenarbeit fordert, dann muss man einen neuen Weg der Vertrauensschaffung gehen, und bis heute cheint das Handwerk der Diplomatie die stabilsten Brücken zu bauen.

Die Oberrheinkonferenz ist kein grosses oder aussergewöhnlich bedeutsames Treffen, aber sie ist ein Ort, an dem der grenzüberschreitende Dialog gefördert wird, trinationale Projekte auf die Beine gestellt werden und Vertrauen zwischen den Regionen geschaffen wird.

Dass dahinter viel diplomatische Arbeit steckt, bekommen die wenigsten mit, und das ist gelinde gesagt ziemlich schade. Denn es ist die Kunst der Diplomatie, die den feinen roten Faden zwischen Gruppenfotos und Resolution-Framings spinnt und schlussendlich darüber entscheidet, ob wir uns auf das Pariser Abkommen und damit die 1,5-Grad-Grenze stützen können oder nicht.

Helma Pöppel, Parteisekretärin jgb

Text erschienen im Grünwärts Nr. 32, Februar 2023.

Europapolitik im Dreiland

Als Grenzkantone haben Basel-Landschaft und Basel-Stadt auch intensive Beziehungen. Zurzeit regeln der Paragraph 3 der basellandschaftlichen
Verfassung und Paragraph 4 der baselstädtischen Verfassung jeweils die Zusammenarbeit mit internationalen Gremien.

Auf Regierungsebene gibt es folgende Gremien:

  • Die Oberrheinkonferenz beschäftigt sich mit allen trinationalen Themen von der Südpfalz bis in die Nordwestschweiz.
  • Beim Trinationalen Eurodistrict Basel stehen vor allem Raumplanungs- und Verkehrsfragen im Zentrum und allgemein Themen für die französisch, deutsche und schweizerische Agglomeration um Basel.
  • Zudem gibt es weitere Netzwerke wie die Metropolitan Konferenz oder die Trinationale Metropol Region.

Auch die Bevölkerung ist über die Parlamente in die trinationale Zusammenarbeit eingebunden. Dabei sind vor allem der Districtsrat und
der Oberrheinrat zu nennen.

  • Der Oberrheinrat ist das Pendant zur regierungsrätlichen Oberrheinkonferenz.
  • Der Districtsrat besteht aus 50 Mitgliedern und ist das Parlament des Trinationalen Eurodistricts Basel. Die GRÜNEN aus der Schweiz sind
    mit drei Personen vertreten: Marco Agostini (BL), Harald Friedl (BS), Oliver Thommen (BS).