Wann endlich kommt der Aufbruch ins postfossile Zeitalter?
Das Positive vorweg: Der Ausweg aus der Corona-Pandemie ist dank guten Impfstoffen absehbar und die Aussichten verbessern sich. Von Lockdowns ist zumindest in Europa kaum mehr die Rede. Mit dem Zertifikat kann wieder gereist werden. Kultur- und andere Veranstaltungen finden statt. Die Menschen treffen sich wieder, in der Beiz, im Club, in Schulen und Universitäten. Die vierte Welle ist trotz sinkender Zahlen noch nicht vorbei und die Belastung des Gesundheitswesens bleibt gross, es besteht Aussicht, dass bald auch die letzten Massnahmen aufgehoben werden können. Auch die Wirtschaft ist auf dem Pfad der Erholung, selbst wenn sich die Folgen der Krise vorübergehend in Lieferengpässen und Energiepreiserhöhungen äussern.
Trotzdem wäre es verkehrt, zu glauben, dass wir jetzt einfach zum Zustand vor Corona zurückkönnten. Diese Pandemie war kein «schwarzer Schwan», sondern ein «graues Nashorn», ein ökologisches Risiko, das voraussehbar, aber wie viele andere unterschätzt wurde, wie der Wirtschaftshistoriker Adam Tooze in seinem neusten Buch «Welt im Lockdown» analysiert. Die Corona-Krise ist typisch für das global fragil gewordene Verhältnis zwischen Wirtschaft und Natur, weitere Krisen dürften folgen. Die Corona-Pandemie offenbarte die «organisierte Unverantwortlichkeit» im anfangs unbeholfenen, zögerlichen Umgang von staatlichen Institutionen mit der Krise und bewirkte in der Folge radikale staatliche Eingriffe in Wirtschaft und Gesellschaft sowie ideologische Grabenkämpfe, gehässige Diskussionen bis hin zu einer Krise demokratischer Institutionen wie in den USA mit dem Sturm aufs Kapitol. Wie jede Krise verschärfte Corona die Kluft zwischen Arm und Reich und verdeutlichte die existierende globale Ungleichheit und Ungerechtigkeit.

DER ÖKOLOGISCH-SOZIALE UMBAU IST DRINGEND

Zu den negativsten Folgen der Corona-Krise gehört, dass sie den Fokus von der grundlegenderen Klima- und Biodiversitätskrise ablenkte und die globalen Klimabewegung der Jugend geschwächt hat. Die Grünen Basel-Stadt forderten deshalb vor einem Jahr in einer Erklärung zur Corona-Krise, dass neben Sofortmassnahmen jetzt der Umbau in eine postfossile Zukunft in Angriff genommen werden muss. Im November 2020 wurde im Grossen Rat ein entsprechender Vorstoss von mir überwiesen, der vom Kanton zur Bewältigung der Corona-Krise ein zukunftsgerichtetes Investitionsprogramm forderte: Konkret

  1. eine Ausbauoffensive bei den erneuerbaren Energien,
  2. die Beschleunigung der energetischen Gebäudesanierungen,
  3. Abwrackprämien für fossile Heizungssystem,
  4. Förderung der Elektromobilität,
  5. eine Stadtgrün-Offensive zur Verbesserung des städtischen Klimas und
  6. Erleichterungen für den städtischen Velo- und Langsamverkehr.

NICHT-HANDELN IST TEURER

Die Forderungen sind so aktuell wie vor einem Jahr. Geschehen ist wenig. Zwar bekannte sich der Regierungsrat in einem eher mutlosen Gegenvorschlag zur Klimagerechtigkeitsinitiative zur Realisierung der Klimaziele von Paris in Basel bis ins Jahr 2040. Konkrete Massnahmen oder ein Investitionsprogramm gibt es aber noch immer nicht. Immerhin ist dank einer Studie klar, wie hoch die erforderlichen Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität ungefähr sind, nämlich vier Milliarden. Verteilt auf 20 Jahre ist das nicht nur verhältnismässig wenig, sondern mit Sicherheit günstiger als die Kosten des Nichtstun. Zuwarten ist teuer, verschärft aber die unvermeidlichen Krisen, die damit einhergehen.

Erschienen im Grünwärts Nr. 27, Oktober 2021.