Im Oktober letzten Jahres wurde öffentlich, dass der Riehener Gemeinderat den Trinkwasserbrunnen Hintere Au stilllegen und die Grundwasserschutzzone aufhebenwill. Damit soll auch die Deponie Maienbühl aus der Überwachung entlassen werden, obwohl aus der Deponie noch immer Giftstoffe austreten, unter anderem Derivate des Pharmawirkstoffs Crotamiton der damaligen Ciba-Geigy (heute: Novartis). Diese und weitere Substanzen verschmutzen weiterhin das Grundwasser sowie den Trinkwasserbrunnen Hintere Au und können in die Langen Erle gelangen. In der Beantwortung der Motion Grossenbacher betreffend Deponien Maienbühl (CH) und Mönden (D) (Motion 20.5400.01) schreibt der Regierungsrat: «Im November 2015 wurde durch das BAFU ein neu hergeleiteter k-Wert von 50 μg/l für Crotamiton geprüft, genehmigt und auf der Liste «Konzentrationswerte für Stoffe, die nicht in Anhang 1 oder 3 der Altlasten-Verordnung enthalten sind» veröffentlicht. Diesen neuen Konzentrationswert hat das AUE für die Beurteilung herangezogen». Ursprünglich hatte das AUE BS einen Konzentrationswert von 0.75 μg/I für die Überwachung der Deponie angewendet, der auf dem Bericht «Ermittlung und Überprüfung von Konzentrationswerten (k-Werten) für die Deponie Feldreben in Muttenz» beruhte. Diesen Bericht hat das «Forschungs-und Beratungsinstitut Gefahrstoffe GmbH (FoBiG)» im November 2010 im Auftrag des Amtes für Umweltschutz und Energie des Kantons Basellandschaft (AUE BL) erstellt. Der neue, rund 67 Mal höhere Grenzwert für Crotamiton von 50 μg/l hat der Kanton Waadt für das ehemalige Werkareal von Ciba-Geigy/Novartis in Nyon (VD) herleiten lassen. In Nyon war das Crotamiton aus alten, leckgeschlagenen Abwasserrohren des ehemaligen Werksareals ausgetreten und verschmutzt das Grundwasser. Das AUE stützt sich also bei der Beurteilung der Schadstoffe aus der Deponie Maienbühl teilweise auf Konzentrationswerte, die in einem anderen Kanton für ein Werkareal hergeleitet wurden.
Bei einer anderen Substanz im Klybeckareal beurteilt das Departement für Wirtschaft und Soziales (WSU) die Anwendbarkeit von Konzentrationswerten anderer Standorte völlig anders. Für das Grundwasser bei den Fabrikgeländen im Klybeck soll ein Deponiegrenzwert für Benzidin aus dem Wallis nicht zur Anwendung gelangen, wie Alt-Regierungsrat Brutschin am 27.10.2020 in einem Brief an die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU) schrieb: «Zur Konzentrationswert-Herleitung muss man wissen, dass jeder hergeleitete Konzentrationswert „im Einzelfall” (Anh. 1 Abs. 1 AltlV und Anh. 3 AltlV) erfolgt und für jeden Standort neu hergeleitet werden muss. Somit ist es nicht möglich, die beiden bestehenden Benzidin-Werte (Wallis 2008 und2019), aus der von Ihnen erwähnten Liste, zur abschliessenden Beurteilung heranzuziehen». Und weiter: «Ein Deponieareal und die darauf vorkommenden Schadstoffmengen lassen sich nicht mit einem Werkareal vergleichen, das nicht allein zum Zweck der Ablagerung von Abfällen betrieben wurde».Ein offensichtlicher Widerspruch zur Handhabung des Konzentrationswerts für Crotamiton bei der Deponie Maienbühl in Riehen, wo ein Grenzwert eines Werkareals in Nyon zu Anwendung gelangt, das mit dem Kleinbasler Klybeck-Areal vergleichbar ist. Die Konzentrationswerte der Altlastenverordnung werden nach allgemeinen toxikologischen Kriterien hergeleitet. Für die Bewertung eines kontaminierten Standorts ist ausschliesslich das Potenzial der Emissionen von Schadstoffen in Wasser, Boden und Luft ausschlaggebend. Das heisst: Ein Konzentrationswert für einen Schadstoff im Grundwasser, der in einem anderen Kanton in Absprache mit dem BAFU hergeleitet wurde, sollte auch für die Bewertung anderer belasteter Standorte anwendbar sein. Unabhängig davon, ob essich um einen Betriebsstandort wie die Chemieareale im Klybeck oder in Nyon oder um Ablagerungsstandorte wie in Riehen und im Wallis handelt.
Der Interpellant bittet den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen.

  1. Teilt der Regierungsrat die Ansicht des AUE bei der Deponie Maienbühl in Riehen, dass ein Konzentrationswert für Crotamiton, der für ein Werksgelände in einem anderen Kanton hergeleitet wurde, auch hier zur Anwendung gelangen kann?
  2. Wie kommt es, dass das AUE (bzw. das WSU) für die Deponie Maienbühl in Riehen einen Grenzwert eines Werkgeländes im Kanton Waadt heranzieht, im Klybeck aber ein anerkannter Grenzwert eines anderen Kantons nicht zur Anwendung kommen soll?
  3. Teilt der Regierungsrat die Ansicht, dass der Benzidin-Grenzwert für Grundwasser aus dem Wallis auch für das Grundwasser im Klybeck zur Anwendung kommen soll? Falls nicht, was ist die Begründung hierfür?

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