Seit 1974 können in der Schweiz lebende Menschen an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg gelangen. Dies soll auch weiterhin so bleiben.
Die Menschenrechtskonvention und ihre Hüter
Ein Gericht in Burma hat vor wenigen Wochen zwei Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters zu jeweils sieben Jahren Haft verurteilt. Beide hätten «Staatsgeheimnisse verletzt» beziehungsweise beabsichtigt, «den Interessen des Staates zu schaden». Burma ist Mitglied der Vereinten Nationen und hat sich damit zur Einhaltung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte bekannt. Es ist aber bei den heute bestehenden Machtverhältnissen in Burma nicht davon auszugehen, dass die burmesischen Gerichte die Einhaltung der Allgemeinen Menschenrechtserklärung sicherstellen. Dies zeigt auf, dass solche Menschenrechtserklärungen nur dann wirksam sein können, wenn sie auch bei gesellschaftlichen Konflikten und unabhängig von der jeweiligen politischen Führung tatsächlich angewandt und durchgesetzt werden.
Die europäische Menschenrechtskonvention
Die Mitglieder des 1949 gegründeten Europarats haben zu diesem Zweck die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) erlassen. Zudem wurde der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit Sitz in Strassburg geschaffen, welcher die Anwendung der Konvention effektiv überwacht. Die Schweiz ist 1974 dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof beigetreten und ist daher wie die anderen 47 Mitgliedsländer mit einer Richterin beziehungsweise einem Richter am Gerichtshof vertreten. Seit 1974 können somit auch Menschen in der Schweiz nach der Erschöpfung des nationalen Rechtsmittelwegs den EGMR direkt anrufen und eine Verletzung der Menschenrechtskonvention geltend machen.
Wichtig auch für die Schweiz
Die Urteile des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs haben dazu beigetragen, dass in den Mitgliedsländern dem Schutz der Menschenrechte sowohl in der Rechtssetzung als auch in der Rechtsprechung in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr Rechnung getragen wurde. Da der Schutz der Menschenrechte im schweizerischen Rechtssystem bereits seit Längerem verankert ist und gelebt wird, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nur in ganz wenigen Fällen eine Verletzung der EMRK durch die Schweiz festgestellt. Dennoch bleiben die EMRK und der zu seiner Überwachung eingesetzte Gerichtshof auch heute für die Schweiz von grosser Bedeutung. In Zeiten von politischen Entscheidungen, welche auf Kampagnen auf Twitter oder anderen sozialen Medien und einer entsprechend aufgeheizten Stimmungslage beruhen können, besteht auch bei uns in Europa zunehmend die Gefahr, dass Menschenrechte missachtet und ausgehöhlt werden. Es ist daher wichtig, dass die EMRK auch heute wirksam vor überhasteten oder extremen Entscheiden staatlicher Herrschaft schützen kann.
Text erschienen im Grünwärts Oktober 2018.