Die Globalisierung unserer Wertschöpfungsketten macht uns verwundbar. Die von Russland blockierten Getreidelieferungen aus der Ukraine lösen Teuerungen und im Süden der Welt Hungersnöte aus. Es ist die jüngste Eskalation einer Entwicklung, die unsere Ernährungssouveränität schon lange bedroht. Bereits 2008 zeigte der Weltagrarbericht das Versagen der globalisierten Agrarindustrie mit langen Lieferketten, Monokulturen, Pestiziden und Massentierhaltung bei akuten Engpässen auf. Ernteausfälle, Verlust der Artenvielfalt und die Erosion fruchtbarer Böden sind Folgen des Klimawandels, aber auch einer konventionell-industriellen Produktion, die unsere natürlichen Ressourcen auslaugt.

Jetzt den Selbstversorgungsgrad der Schweiz auf Kosten der Biodiversität zu erhöhen, ist keine Antwort. Mit intensiver Produktion schädigen wir unsere Lebensgrundlagen und machen uns erst recht abhängig vom Ausland.

Vielmehr sollten wir hierzulande darauf setzen, weniger Lebensmittel zu verschwenden und weniger Fleisch zu konsumieren – mehr Kartoffeln, Getreide und Hülsenfrüchte sollten auf den Tisch. 43 Prozent der Ackerflächen werden dazu verwendet, Tierfutter anzubauen – Platz für den Anbau von direkt Essbarem hätten wir genug.

Wir brauchen nämlich beides: nachhaltige Lebensmittelproduktion und mehr Umwelt- und Biodiversitätsleistungen. Ein intaktes Ökosystem erbringt Leistungen wie genetische Vielfalt, Nützlinge, die unsere Böden fruchtbarer machen und ihnen helfen, mehr Wasser und Nährstoffe zu speichern. Das ist entscheidend, weil Trockenheit und Starkregen zunehmen.

Akteur*innen von der FAO bis zum Schweizer Bundesrat setzen sich deshalb für Forschung und Investitionen in Agrarökologie ein; sie birgt das Potenzial einer «Game Changer-Lösung», denn je vielfältiger ein Ökosystem ist, desto stabiler und widerstandsfähiger wird es.

Artikel erschienen im Grünwärts Nr. 30 im August 2022.

Maya Graf, Ständerätin BL, Stiftungsrätin Biovision