Marianne Schmid-Thurnherr, die «grüne Friedensstifterin»

Am vergangenen Wochenende ist Marianne Schmid-Thurnherr verstorben und von den Einschränkungen des Alters erlöst worden. Es sind beinahe 50 Jahre vergangen, seit ich ihr zum ersten Mal begegnet bin. Ich, noch ein Schüler, war bei Marianne und ihrem Mann Markus am Grenzacherweg in Riehen eingeladen. Ich war religiös, rückblickend etwas «eifrig-religiös». Marianne und Markus haben mich im Gespräch mit der Befreiungstheologie und dem religiösen Sozialismus bekannt gemacht und mir Bücher von Dom Helder Camarra oder Leonhard Ragaz gezeigt. Beide waren Lehrer am Burgschulhaus in Riehen. Ihnen war die politisch-soziale Botschaft des Christentums ein Anliegen und sie konnten junge Menschen überzeugen und bewegen. Vielleicht wurde damals der Samen meiner politischen Laufbahn gepflanzt, in jedem Fall war es der Anfang einer langjährigen politischen Zusammenarbeit mit Marianne. Ich habe danach viele Jahre bei den Professoren Mattmüller und Buess Leonhard Ragaz studiert und wurde in der Friedensbewegung der 80er Jahre aktiv.
Marianne war Mitbegründerin der Frauen für den Frieden. An vielen gemeinsamen Vorbereitungssitzungen zu den Friedensmärschen mussten wir uns mit den «Eiferern» der schweizerischen Friedensbewegung, einem Ableger der Partei der Arbeit, auseinandersetzen. Und wieder begegnete ich der Kunst von Marianne: Sie konnte sich ruhig und sachlich, aber hartnäckig für ihre Anliegen einsetzen und die verschiedensten Positionen vereinen. Sie war innerhalb der Friedensbewegung eine «Friedensstifterin».
1988 wurden wir beide in den Grossen Rat gewählt, sie auf der Liste der «Grünen» ich als parteiloser auf der Liste des Landesrings. In der gemeinsamen Fraktion mussten in den nächsten Jahren die unterschiedlichsten Positionen und Charaktere der damals «unzähligen» grünen Parteien, wie Grüne Alternative, Grüne, «Grüeni Spatze», Grüne Mitte, Neue Grüne Mitte miteinander verbunden werden. Auch hier spielte Marianne als vermittelnde, motivierende und integrierende Seele der Fraktion eine wichtige Rolle. Ich weiss nicht, ob ohne sie die grosse Fusion zur Grünen Partei 1989/90 wahr geworden wäre. Sie wurde deshalb auch erste Präsidentin der Grünen Partei von 1989 bis 1991. Bis 2001 hat sie sich im Grossen Rat für Frieden, Gleichstellung, Umwelt und soziale Gerechtigkeit engagiert. Für die Grünen war sie auch von 1994 bis 2002 im Einwohnerrat von Riehen. Dort hat sie sich mit grossem Einsatz für die Anliegen ihrer Wohngemeinde eingesetzt.
Auch nach ihrem politischen Rückzug blieb sie der Partei als treue Unterstützerin verbunden. Sie war nicht nur eine Friedensstifterin, sondern auch eine Pionierin der Grünen. Wir werden ihr Andenken stets bewahren.
Guy Morin