Am 25. September 2020 hat die Bundesversammlung ein neues “Gesetz gegen Terrorismus” (das revidierte Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus) verabschiedet. Darin wird neu definiert, was “eine terroristische Aktivität” darstellen soll. Die neue Definition wurde so stark verschwommen, dass selbst politisch motivierte Angstmache genügt, damit eine Person als Terrorist*in gelten kann. Die Gesetzesvorlage ist aus folgenden Gründen mit den rechtsstaatlichen Werten der liberalen Schweiz unvereinbar:

Unfaires Verfahren und fehlende gerichtliche Kontrolle

Die Massnahmen im Gesetz werden nicht von einem Gericht, sondern von der Bundespolizeibehörde Fedpol auf blossen Verdacht hin (keine Beweise nötig) angeordnet. Das Gesetz sieht kein genügendes gerichtliches Kontrollorgan vor: Dies untergräbt die Gewaltenteilung. Zudem verstossen die beschlossenen Massnahmen klar gegen Grund- und
Menschenrechte. 50 Schweizer Rechts-Professor*innen haben den Bundesrat vor diesen Rechtsverletzungen eindringlich gewarnt.

Verletzung der Europäische Menschenrechtskommission (EMRK)

Das Gesetz sieht unter anderem Hausarrest vor, als einzige Massnahme, die von einem Gericht angeordnet wird. Sie erfolgt aber ohne Bezug auf die Begehung einer bestimmten Straftat und ohne jegliche Konkretisierung hinsichtlich Zeitpunkt, Ort oder Opfer. Jeder kann ohne Beweise auf blossen Verdacht hin bis zu sechs Monate unter Hausarrest gestellt werden. Dies stellt einen Freiheitsentzug dar und verstösst gegen die Europäische Menschenrechtskonvention: Artikel 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention verbietet es, einem Menschen das Recht auf Freiheit willkürlich aufgrund einer schwammigen Vermutung zu entziehen. Die Schweiz wäre damit die einzige westliche Demokratie, die eine willkürliche Freiheitsberaubung kennt. Es gibt nur eine Ausnahme: Die USA mit ihren Lagern in Guantanamo.

Verletzung der Kinderrechtskonvention

Die Massnahmen können gegen Kinder ab 12 Jahren (respektive ab 15 bei Hausarrest) ausgesprochen werden – ohne gerichtliche Anordnung. Das ist ein Verstoss gegen die UNO-Kinderrechtskonvention und hat der Schweiz scharfe Kritik der UNO eingebracht.

Gefährder*in?!

Um als Terrorist*in zu gelten, müsste neu weder einen Terrorakt vorbereitet, noch ausführt werden. Es würde reichen, wenn die Polizei den Verdacht hat, eine Person könnte in Zukunft terroristisch tätig werden. Dabei wird der Verdacht auf der Grundlage einer sehr weit gefassten Definition der terroristischen Tätigkeit konstruiert: Denn die neue Definition, wonach die betroffene Person «eine terroristische Aktivität ausüben wird» geht – entgegen der fehlerhaften Behauptung des Bundesrates in der Botschaft – weit über die bestehenden Definitionen im Nachrichtendienstgesetz und Strafgesetzbuch hinaus. Die Definition verlangt keinerlei Bezug zu einer Straftat oder einer sonstigen “Gefährdung” mehr. Für einen Verdacht reicht das Bestehen von «Anhaltspunkten», dass die betroffene Person «eine terroristische Aktivität ausüben wird», unter anderem durch die «Verbreitung von Furcht und Schrecken». Potentiell könnte auch bisher legaler politischer Aktivismus darunter subsumiert werden. Die UNO hat die neue Schweizer Terrorismusdefinition scharf kritisiert: Es sei eine ernstzunehmende Gefahr für die Menschenrechte in der Schweiz..

Willkür und Fehler

Dies öffnet Tür und Tor für Willkür und Fehler. Die Konsequenzen solcher Fehler und Willkür bei Massnahmen gegen Terrorismus zerstörten bereits Leben in der Schweiz, so wie etwa jenes von Sami A. Wer sechs Monate lang nicht auf der Arbeit erscheint und als Terrorist abgestempelt ist, wird es schwer haben, wieder in die Gesellschaft integriert zu werden.

Befürwortung Verschärfungen des Strafgesetzbuches für terroristische Delikte

Wir befürworten die Verschärfungen des Strafgesetzbuches für terroristische Delikte. Die Verschärfungen im Strafgesetz erlauben eine genügende gerichtliche Überprüfung und respektieren die rechtsstaatlichen Prinzipien. Ausserdem bietet das Strafgesetzbuch bereits heute die gesetzlichen Grundlagen, Personen präventiv rein aufgrund von Vorbereitungshandlungen im Zusammenhang mit einer terroristischen Tätigkeit zu verfolgen und zu bestrafen. Die Gesetzesvorlage opfert den Rechtsstaat und den Schutz den Menschenrechte für die Terrorbekämpfung, ohne dass es der Schweiz mehr Sicherheit bringt. Im Gegenteil: Der Rechtsstaat wird ausgehöhlt und sorgt für noch mehr Unsicherheit und Willkür. Der Rechtsstaat – inklusive seine elementarsten Prinzipien – ist nicht verhandelbar. Das geplanten Terror-Gesetz ist der Schweiz unwürdig, weshalb eine breite Allianz das Referendum ergreift.
Das Referendum kommt am 13. Juni zur Abstimmung eingereicht.
 
 

Spenden