Der Schock durchdrang mich nach der EU-Wahl. Auf Platz 1 und 2 der meistgewählten Parteien in Deutschland lagen die CDU und die AfD. Und zwar auch bei der GenZ, meiner Generation. Zwei rechte Parteien, für die Klimaschutz ein Fremdwort ist. Wie kann das sein?

Glaubt man den Jugend-Umfragen, dann scheint es vor allem einen Grund dafür zu geben: Kontrollverlust. Und zwar auf gleich drei Ebenen.

  1. Die Inflation führt zu einer Verengung des Handlungsspielraums auf persönlicher Ebene. Wer weniger Geld hat, hat weniger Entscheidungsmöglichkeiten
    im Alltag.
  2. Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Frage nach der eigenen Sicherheit einmal ganz neu auf das Tapet gebracht. Das Gefühl der Selbstwirksamkeit wird getrübt von einer stärker spürbaren Abhängigkeit von Prozessen, die zwischen Staaten stattfinden, bei denen man kaum mitbestimmen kann, Stichwort Nato.
  3. Die Bewältigung der Klimakrise ist von einem zähen und langfristigen Projekt, zu einem gefühlt lähmenden Projekt geworden: In der Schweiz durch den Bundesrat mit Albert Rösti, und in Deutschland dank des sinnentleerten Zauberworts «Freiheit», das von rechter Seite eingesetzt wie eine rote Karte, alles vom politischen Diskurs verweist, was nur annähernd (positive) Veränderung bringt. Und so befindet man sich als junger Mensch in einem politischen Machtverhältnis, in dem Klimaschutz festgefahren ist, während die Lage immer existenzieller wird. Sei es durch Klimakatastrophen oder durch den vorgegaukelten Freiheitsentzug.

Rechte Parteien bieten da an, den Radius zu verkleinern, den Horizont wieder an den eigenen Gartenzaun zu bringen. Das löst zwar keine der  Abhängigkeiten und Konflikte auf, kann aber eine vermeintlich wiedergewonnene Übersicht vermitteln. Und Übersicht ist der erste Schritt zur Kontrolle.

Wir GRÜNE haben es versucht mit dem Zeichnen des «guten Lebens», jedoch noch sehr vage und ehrlich gesagt teilweise auch realitätsfern für Menschen
in prekären Situationen: Wer ständig im Stress ist, wird den Quartiergarten nicht geniessen.

Ich möchte aber mit einem Vorschlag enden: Wie wäre denn eine Karte mit alltagsrelevanten Problemen und den zugehörigen Lösungen, die wir GRÜNEN in der Region Basel angehen. Es muss nicht etwas für alle sein, aber für alle etwas dabei, (SUV-Fahrer*innen in der Stadt ausgenommen). Und dazu noch eine weitere Karte, bestückt mit Bildern der positiv gestalteten Zukunft (vielleicht sogar interaktiv?).

Natürlich, das ist nicht die eine Lösung, aber es wäre ein Ansatz, wieder Überblick zu verschaffen. Ein erster Schritt gegen den Kontrollverlust.

Artikel erschienen im Grünwärts Nr. 38, September 2024

© Nils Fisch

Helma Pöppel

junges grünes bündnis