Kantonaler Richtplan braucht ganzheitlichen Ansatz
Die Neuauflage des Kantonalen Richtplans muss noch mehr sozial-und umweltverträglichen Wohnraum ermöglichen und die Themen Umwelt, Mobilität und Siedlungsentwicklung zusammen denken.
Die Siedlungsentwicklung im neuen Kantonalen Richtplan wird ein stärkeres Wachstum der Bevölkerungszahl ermöglichen. Diese Zunahme ist notwendig und sollte noch stärker gefördert werden, um der Problematik des Pendlerverkehrs zu begegnen. Diese Entwicklung soll vor allem in der bebauten Stadt, vorwiegend auf Transformationsarealen stattfinden. Dadurch wird eine Stadt der kurzen Wege geschaffen und Pendlerstrecken vermindert, wodurch Druck auf Grünflächen am Stadtrand und in den Landgemeinden genommen wird. Eine stärkere Wohnbautätigkeit mit einem Zielwert von tausend neuen Wohnungen pro Jahr bis 2035 ist deshalb gefordert.
Entwicklung muss ökologisch und sozial verträglich sein
In den neuen Siedlungsarealen muss eine breite Durchmischung verschiedener Wohnformen angestrebt werden – mit besonderem Augenmerk auf bezahlbarem Wohnraum. Zwingend sind auch ökologische Aspekte: So sind zum Beispiel nicht nur Dächer zu begrünen, sondern auch Fassaden, die als natürliche Klimaanlage dienen und den Schall verteilen. Städtische Verdichtung ist zudem mit gesundheitlichen Aspekten zu verknüpfen wie die Vernetzung der Lebensräume oder die Förderung körperlicher Aktivitäten.
Fraglich ist das vorgesehene ausgeglichene Verhältnis von Arbeiten und Wohnen in den Transformationsarealen. Die Bedürfnisse sind je nach Areal unterschiedlich, aber generell sollte der Wohnungsbau gegenüber der Schaffung von Arbeitsplätzen Priorität geniessen, damit der Pendlerstrom langfristig reduziert wird. Dies ist nur der Fall, wenn die Bevölkerungszahl mehr als doppelt so schnell wächst wie die Zahl der Arbeitsplätze.
Ganzheitliche Richtplananpassung gefordert
Die Trennung der Themen Umwelt und Mobilität von der Siedlungsentwicklung ist ein Fehler. Eine Siedlungsverdichtung nach innen ist nicht per se ökologisch. Zum Beispiel müsste die Frage der Verbindung von Biotopen bereits jetzt berücksichtigt werden. Deshalb sind Anpassungen im Bereich Umwelt und Mobilität zusammen mit denjenigen der Siedlungsentwicklung vorzunehmen.
Stellungnahme zur öffentlichen Vernehmlassung: Kantonaler Richtplan – Anpassung Siedlungsentwicklung
Sehr geehrte Damen und Herren,
Die Grüne Partei Basel-Stadt dankt dem Regierungsrat für die Gelegenheit, zu den Anpassungen Siedlungsentwicklung im Kantonalen Richtplan Stellung nehmen zu können. Wir haben Anmerkungen sowohl genereller Art als auch zu den einzelnen Anpassungen im Detail und hoffen auf wohlwollende Berücksichtigung und Aufnahme unserer Anliegen.
1. Vorbemerkungen
Der Regierungsrat strebt mit den Änderungen der Siedlungsentwicklung im Kantonalen Richtplan ein dynamischeres Wachstum der Bevölkerungszahl im Kanton an als bisher. Wir begrüssen diese Zielsetzung, sind aber auch der Meinung, dass die Latte für das Bevölkerungswachstum höher angesetzt werden kann und soll. Wie in unserem Positionspapier Basel 2035: grösser, grüner & gerechter dargelegt, erachten wir die Zunahme der kantonalen Bevölkerung bis 2035 auf 235’000 Bewohnerinnen und Bewohner als wünschenswert und notwendig, um der Problematik des Pendlerverkehrs bei weiterem Zuwachs der Arbeitsplätze in Basel-Stadt zu begegnen. Dies bedeutet für den Kanton, dass er Massnahmen ergreifen muss, damit eine gesteigerte Wohnbautätigkeit mit einem Zielwert von tausend neuen Wohnungen pro Jahr in Basel-Stadt bis 2035 von statten geht.
Die vorgesehene Anpassung der Siedlungsentwicklung innerhalb des Kantonalen Richtplans ist raumplanerisch sinnvoll. Sie deckt sich mit unseren Vorstellungen, dass die künftige Wohnbautätigkeit in bebauten Gebieten, vorwiegend auf Transformationsarealen und durch Stockwerkaufbauten erfolgen muss. Diese Politik der inneren Verdichtung innerhalb der bebauten Stadt verfolgen wir schon seit jeher, weshalb wir uns auch gegen die Überbauung von Grünflächen im Zusammenhang der Abstimmungen zur Stadtrandentwicklung Süd und Ost aussprachen und empfohlen haben, zuerst das Potenzial in Transformationsarealen und der bereits bebauten Stadt auszuschöpfen. Wir begrüssen es daher sehr, dass auch der Regierungsrat in der Anpassung des Kantonalen Richtplans von einer (vorläufigen) Erweiterung des Siedlungsgebiets in Basel Ost und Süd absieht. Durch die Entwicklung von Arbeits- und Wohnraum in der Stadt unter der Nutzung freiwerdender Transformationsarealen wird eine Stadt der kurzen Wege geschaffen und die Pendlerstrecken vermindert. Zudem wird dadurch der Druck auf die Grünflächen am Stadtrand und in den Agglomerations- und Landgemeinden genommen.
Wir möchten aber auch anregen, dass in den Zielen darauf Wert gelegt wird, dass eine ökologische und sozial verträgliche Entwicklung anzustreben ist. In den neuen Siedlungsarealen muss eine möglichst breite Durchmischung verschiedenster Wohnformen, Wohnungsgrössen und Wohnungs- sowie Mietpreisen angestrebt werden. Hier ist besonderes Augenmerk auf die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu legen. Details zu unseren Vorstellungen des künftigen Wohnungsbaus können unserem Positionspapier entnommen werden.
Neben sozialen Aspekten wie Barrierefreiheit oder Komfort müssen zwingend auch ökologische Aspekte wie etwa Energieeffizienz oder schonender Ressourcenverbrauch zum Tragen kommen. Nicht nur Dächer sind zu begrünen, sondern auch Fassaden, die als natürliche Klimaanlage dienen und gleichzeitig den Schall verteilen.
Städtische Verdichtung ist zudem mit gesundheitlichen Aspekten zu verknüpfen. Dazu gehören Lärmbelastung, die Vernetzung der Lebensräume oder die Förderung körperlicher Aktivitäten und lokal erzeugter Lebensmittel.
Generell ist die Aussage, dass in den Transformationsarealen ein flächenmässig ausgeglichenes Verhältnis von Arbeiten und Wohnen anzustreben sei, in Frage zu stellen. Bei der Siedlungsentwicklung soll zwar auch die Schaffung von Arbeitsplätzen berücksichtigt werden, die Bedürfnisse von Wohnen und Arbeiten sind aber je nach Areal unterschiedlich zu gewichten. Der Wohnungsbau hat gegenüber der Schaffung von Arbeitsplätzen Priorität zu geniessen, damit der Pendlerstrom mittel- bis langfristig reduziert wird. Dies ist nur der Fall, wenn die Bevölkerungszahl mehr als doppelt so schnell wächst als die Zahl der Arbeitsplätze.
Wir begrüssen zwar, dass der Regierungsrat in kürzeren Abständen Anpassungen am Richtplan vornehmen will, bedauern aber, dass die Überlegungen und Anpassungen zu den Themen Umwelt und Mobilität nicht bereits in die Revision zur Siedlungsentwicklung eingeflossen sind, sondern erst in den nächsten Schritt erfolgen sollen. Eine Siedlungsverdichtung nach innen ist nicht per se ökologisch oder stadtverträglich, dies muss im Richtplan zuerst nachgewiesen werden. Die Verbindung von Biotopen oder Fragen der sinnvollen Begrünung und der Stadtdurchlüftung zur Verminderung von Wärmeinseln bei der Anpassung der Siedlungsentwicklung sind gewichtige Fragen, die bereits zum jetzigen Zeitpunkt berücksichtigt werden müssen. Es ist zu befürchten, dass diese Aspekte im Nachhinein nicht gebührend berücksichtigt werden können und bereits Sachzwänge geschaffen wurden. Zudem ist die Mobilität untrennbar mit der Siedlungsentwicklung, also dem Wohnen und Arbeiten verknüpft und muss mit dieser abgestimmt werden. Ohne koordinierte Anpassungen im Bereich Mobilität wird eine Siedlungsentwicklung ohne ihre Auswirkungen auf den Verkehr aufgezeigt. Siedlungsverdichtung bedingt zwingend auch weniger platz- und energieraubenden Autoverkehr. Das muss der Richtplan abbilden. Daher sollte die Mobilität auch bereits in dieser Anpassung des Kantonalen Richtplans einfliessen und nicht nur erst 2019 schwerpunktmässig den Güterverkehr betrachten. Wir beantragen also die Erweiterung der Anpassungen im Bereich Umwelt und Mobilität im Einklang mit den Anpassungen in der Siedlungsentwicklung vorzunehmen.
2. Zu den einzelnen Anpassungen in den Strategien
2.1 ST4 Mehr Wohnraum für eine wachsende Bevölkerung schaffen
Um die Zahl der Verkehrspendler einzudämmen ist es nötig, dass bei einem Zuwachs der Arbeitsplätze auch die Wohnbautätigkeit angekurbelt wird. Dies ist auch die beste Massnahme, um den Druck auf den Wohnungsmarkt zu senken. Basel zeichnet sich momentan durch eine sehr tiefe Leerstandsquote aus, was zu steigenden Mietpreisen führt. Das Szenario des Bevölkerungswachstums muss deshalb aktiv durch vermehrten Wohnungsbau gesteuert werden. Die Zielgrösse des Bevölkerungswachstums sehen wir bei 235’000 Bewohnerinnen und Bewohnern bis 2035 und nicht bei 220’000 wie in der Anpassung des Richtplans vorgesehen ist. Wir fordern daher mehr als eine Verdoppelung des Wohnungsbaus gegenüber der heutigen Wohnbautätigkeit von gegenwärtig ca. 400 Wohnungen pro Jahr auf mindestens tausend neuen Wohnungen pro Jahr.
Beim strategischen Entscheid sind wir nicht einverstanden mit der Aussage: „Zudem wird die Flächeninanspruchnahme für Verkehr, Industrie und Gewerbe sowie Freizeitgärten möglichst optimiert.“. Wir sind der Meinung, dass Freizeitgärten nicht unbedingt räumlich optimiert werden sollen, sondern die Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit verbessert werden soll.
2.2 ST7 Das Nutzungspotenzial der Wirtschaftsflächen vergrössern
Wir begrüssen es, dass die prognostizierte Arbeitsplatzentwicklung in den Kantonalen Richtplan übernommen wird, wie dies der Prüfungsbericht des Bundes fordert. Wie bereits weiter oben dargestellt sind mit steigender Arbeitsplatzzahl zunehmende Pendlerströme zu erwarten, wenn nicht regulierend mit dem Bau von Wohnraum darauf reagiert wird. Daher zeigt diese Zielgrösse auf, wie gross die Areale für den Wohnungsbau ausgestaltet werden müssen, um dem Ungleichgewicht von Arbeitsplätzen und Bevölkerung nicht weiter Vorschub zu leisten.
3 Zu den Anpassungen im Sachbereich Siedlung
Generell macht die neue Gliederung im Sachbereich Siedlung den Richtplan besser lesbar und vereinfacht die Orientierung.
Die vorliegenden Anpassungen des Richtplans beschränken sich im Wesentlichen auf den Bereich Siedlungsentwicklung. Erst in einem nächsten Schritt sollen 2018/2019 schwerpunktmässig die Themen Umwelt und Mobilität folgen. Diese Aufsplitterung ist fragwürdig, da die Raumplanung und Siedlungsentwicklung mit den Fragen der Mobilität und des Grünraums abzustimmen sind.
Eine weitere grundsätzliche Frage ist diejenige der Altlasten auf den Transformationsarealen, die meist früher als Produktions- oder Umschlagsorte dienten. Gleichzeitig mit der baulichen Zukunftsplanung sind insbesondere für Areale die für eine Wohnnutzung vorgesehen sind wie – beispielsweise das Klybeckareal –- Sanierungspläne vorzulegen.
3.1 S1.1. Entwicklung des Siedlungsgebiets
Wir sind einverstanden mit den Anpassungen in diesem Objektblatt und insbesondere, dass die Stadtrandentwicklungen in Basel Ost und Süd vorläufig aus dem Richtplan gestrichen werden und damit der Volksentscheid von 2014 umgesetzt wird. Dass sich der Kanton auf das Potenzial der inneren Verdichtung und der Umgestaltung von Transformationsarealen für neue Nutzungen fokussiert, begrüssen wir.
3.2 S.1.2 Siedlungsgliedernde Freiräume
Wir begrüssen die Erwähnung des Schutzes von Lebensräumen für Flora und Fauna im Objektblatt. Uns fehlen in diesem und weiteren Objektdatenblättern Aussagen zur generellen Erhaltung von ökologischen Werten bei Arealentwicklungen und die Berücksichtigung, respektive Schaffung von Vernetzungskorridoren für die Verbindung der Biotope im Kanton. Wo es nicht möglich ist, Naturwerte zu erhalten, sind diese durch gleichwertigen Ersatz an anderen geeigneten Orten abzugelten. Solche ökologischen Massnahmen sind auch planungsrechtlich zu sichern, damit Gewissheit besteht, dass bei allfälligem Verlust Ersatz zur Verfügung gestellt wird.
Bei den Planungsanweisungen ist für uns zum Gebiet Rheinäcker (Stadtrand Ost) nicht klar, was mit dem Passus „raumrelevante Interessen und Nutzungen zur Sicherung des Entwicklungspotenzials für künftige Planungen“ zu verstehen ist. Wenn es sich hier um eine verklausulierte Aussage für ein künftiges Bauprojekt handelt, dann sprechen wir uns dezidiert dagegen aus, solange die Potenziale für die innere Verdichtung in Transformationsarealen noch nicht ausgeschöpft sind. Vorerst soll der Erhalt des Areals als Vernetzungskorridor zwischen Wiese und Rhein absolut im Vordergrund stehen.
3.3 S1.4 Hochhäuser
In den Planungsanweisungen wird lediglich erwähnt, dass das Hochhauskonzept im Zeitraum von fünf bis zehn Jahren angepasst wird, aber nicht welchen Stellenwert es für den Richtplan hat. Im bisherigen Richtplan steht dazu, dass das Hochhauskonzept als Grundlage für Projekte und Planungsvorhaben dient. Dieser Hinweis muss im Richtplan drinbleiben, ansonsten ist unklar, für was das Hochhauskonzept angepasst werden soll. Die Grundzüge des Hochhauskonzepts sollten auch im Richtplan enthalten sein. Zudem ist das Hochhauskonzept rascher anzupassen (spätestens bis 2020), da es in seiner jetzigen Form nicht als Planungsgrundlage genügen kann.
3.4 S1.7 Lärmschutz
Ebenfalls lobend zu erwähnen sind die Anpassungen im Objektdatenblatt S1.7 Lärmschutz. Mit der Aufnahme der Berücksichtigung und Schaffung von Lärminseln werden wichtige Aspekte des Ausgleichs von lärmigen und ruhigen Orten innerhalb der Stadt berücksichtigt, die wichtig sind für eine wohnliche Stadt.
3.5 S2.2 Schwerpunkte Arbeiten und Wohnen
Wie bereits vorgängig unter ST4 erwähnt, fordern wir die Anpassung der Zielgrösse Einwohnerzahl für Basel-Stadt bis 2035 auf 235’000 zu erhöhen. Wenn die Zunahme der Einwohnerinnen und Einwohner nicht grösser ist als diejenige der Arbeitsplätze, droht dem Kanton der Verkehrskollaps. Dazu sind vom Kanton Massnahmen zu ergreifen, die den Wohnungsbau gegenüber heute deutlich beschleunigen.
Wir möchten auch anregen, dass bei den örtlichen Festsetzungen noch weitere Gebiete aufgezählt werden. Beispielsweise sind die Areale/Gebiete Wolf und Elsässerbahn (Bahntrasse) nicht aufgeführt, wo ebenfalls erhebliches Potenzial für den zukünftigen Wohnbau besteht.