Ohne Projekte bleibt das ÖV-Programm für die Galerie
Der Entwurf für das ÖV-Programm ist voller guter Entwürfe und Ideen. Was es aber bräuchte, sind konkrete Projekte und Klimaschutzmassnahmen.
Die wichtigsten Bausteine für die ÖV-Entwicklung sind nach wie vor nicht in Planung und auch im nun vom Regierungsrat in die Vernehmlassung geschickten ÖV-Programm nicht integriert. Ohne die fristgerechte Realisierung der Kernprojekte der Tramnetzentwicklung wird der Kanton die Klimaziele nicht erreichen.
Daneben werden auch falsche Ziele gesetzt: Zur Verbesserung der Lebensqualität und zur Reduktion der Umweltbelastung durch Mobilität ist eine Reduktion der MIV-Personenkilometer nötig
Es braucht daher flankierende Massnahmen. Dies entspricht auch den Zielen der Regierung in der Klimastrategie, den MIV um 33 Prozent zu reduzieren bis 2037.
Klimaschutzstrategie wird vermisst
Während die Mobilitätsstrategie mehrfach im ÖV-Programm erwähnt wird, sind die Klimaschutzstrategie und deren MIV-Reduktionsziele noch nicht angemessen berücksichtigt. Konkret heisst das: Mit Blick auf die Klimaschutzziele sollte der Fokus auf die Steigerung der Attraktivität des ÖV für die MIV-Nutzenden liegen. In Anbetracht des MIV-Reduktionsziels von 33 Prozent wäre eine Umfrage unter MIV-Nutzenden angebracht.
Zusätzlich bemängeln die GRÜNEN Basel-Stadt, dass auch bei der Erschliessung von Entwicklungsgebieten wie dem Bachgraben das Tram nicht im Vordergrund steht, sondern der Bus. Eine baldige Erschliessung des Bachgrabens an das Tramnetz reduziert den MIV und ist damit unerlässlich für die Klimaziele.
Stellungnahme betreffend Vernehmlassung zum Entwurf des ÖV-Programms 2026–2028
Ziele und strategische Schwerpunkte ÖV-Programm 2026–2028
Sind Sie mit den Zielen und strategischen Schwerpunkten (Kapitel 4) im Grundsatz einverstanden?
Mehrheitlich ja
Der seit drei Jahren noch immer ausstehende dritte Tramstreckenbericht lässt zweifeln, ob sich die Planungen tatsächlich auch an den hier genannten Zielen orientieren. Die GRÜNEN weisen darauf hin, dass das vorliegende ÖV-Programm ein Jahr vor der angepeilten Fertigstellung des Tramnetz 2030 endet und nach wie vor bis auf die Margarethenverbindung die Realisierung der wichtigsten Bausteine des Zielbilds bisher weder in der Planung vorliegen noch hier integriert sind. Es wird daher mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass die Ziele nur erreicht werden können, wenn auch die Projekte vorangebracht und vorgelegt werden.
Erfreulich ist, dass mittlerweile die Fachstellen von Basel-Stadt und Basel-Landschaft zusammen mit den Transportunternehmen BVB und BLT Lösungsansätze zur Busnetzentwicklung entwickelt haben. Aus der Abbildung 10 geht jedoch nicht in verständlicherweise hervor, was diese genau beinhalten. Eine differenziertere Darstellung und Erläuterungen wären wünschenswert.
Wir vermissen zudem eine Festlegung des übergeordneten Zieles des ÖV: Zur Verbesserung der Lebensqualität in der Region und zur Reduktion der Umweltbelastung durch Mobilität ist eine Reduktion der MIV-Personenkilometer (elektrisch und fossil betrieben) nötig. Das Ziel ist nicht eine Erhöhung der ÖV-Personenkilometer, sondern eine Verschiebung des Modal Split von MIV zu aktiver Mobilität und ÖV. Das vorliegende Dokument hat die Erhöhung der Attraktivität des ÖV im Fokus. Wenn die Attraktivität des ÖV zunimmt, kann dies dazu führen, dass mehr Menschen den ÖV nutzen, ohne dass die MIV-Personenkilometer abnehmen. Es braucht flankierende Massnahmen, die sicherstellen, dass die Zunahme beim ÖV zu einer Abnahme beim MIV führt. Dies entspricht auch der Zielsetzung der Regierung in der Klimastrategie, den MIV um 33% zu reduzieren bis 2037.
Im Abschnitt 3.1.6 sollte auf einen hindernisfreien Zugang zum ÖV auch bezüglich Billetkauf/Informationsbeschaffung hingewiesen werden (nebst der Elimination von physischen Barrieren). Für ältere Menschen oder Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen kann z.B. der Billetkauf in der App oder am Automaten ein Hindernis darstellen.
Tragen die strategischen Angebotsentwicklungen (Kapitel 4.2) und die weiteren Massnahmen zur Attraktivitätssteigerung des ÖV-Angebots (Kapitel 4.3) angemessen zur Erreichung der Klimaschutzziele von Basel-Stadt (Kapitel 4.1) bei?
teils teils
Während die Mobilitätsstrategie mehrfach Eingang in das ÖV-Programm findet, sind die Klimaschutzstrategie und die darin enthaltenen MIV-Reduktionsziele noch nicht angemessen berücksichtigt: In Abschnitt 4.3.3 ist die hohe Zufriedenheit der ÖV-Kunden erwähnt. Mit Blick auf die Klimaschutzziele sollte der Fokus betreffend Attraktivitätssteigerung jedoch auf den MIV-Nutzenden liegen. Wie kann die Attraktivität des ÖV gesteigert werden, dass die MIV-Nutzenden auf den ÖV umsteigen? Eine Umfrage unter MIV-Nutzenden (anstatt oder zusätzlich zu Umfragen unter ÖV-Nutzenden) wäre angebracht, in Anbetracht des MIV-Reduktionsziels von 33%. In diesem Sinne müsste sich der ÖV-Sektor nebst Gedanken zu MaaS, Schnittstellenverbesserung für Sharing-Angebote oder Pooling-Konzepten auch Gedanken zu Ticketsortiments und Preisgestaltungen machen, die für Autofahrende Anreize setzen, vom Auto auf den ÖV umzusteigen. Zusätzlich fordern die GRÜNEN einen Vergleich der Nutzendenzufriedenheit mit anderen Städten.
Ohne die fristgerechte Realisierung der sechs (bzw. fünf) Kernprojekte der Tramnetzentwicklung wird der Kanton Basel-Stadt die Klimaziele nicht erreichen. Für die GRÜNEN ist unverständlich, wie der Kanton die fünf verbleibenden Tramprojekte innert einem Jahr bis 2030 realisieren will, zumal diese noch nicht im vorliegenden ÖV-Programm integriert sind, welches Ende 2028 endet.
Zusätzlich bemängeln die GRÜNEN, dass auch bei der Erschliessung von Entwicklungsgebieten wie dem Bachgraben das Tram nicht im Vordergrund steht, sondern der Bus. Eine baldige Erschliessung des Bachgrabens an das Tramnetz reduziert den MIV und ist damit unerlässlich für die Klimaziele. In Anbetracht der weiteren im Richtplan eingetragenen Tramstrecken (bspw. Tram Grenzacherstrasse, Tram 30), deren Realisierung nach 2030 erfolgen soll, ist es unerlässlich, dass die Projekte der Tramnetzentwicklung bis 2030 realisiert werden. Ansonsten drohen weitere Verzögerungen des Tramausbaus.
In Abschnitt 4.2.1 steht: „Auch steht das Ziel eines leistungsfähigen, schnellen und verlässlichen öffentlichen Verkehrs teilweise im Widerspruch zur Forderung die Veloinfrastruktur auszubauen oder vermehrt Tempo 30 auch auf Hauptachsen einzuführen.“ Wir teilen die Meinung, dass der Ausbau des öffentlichen Verkehrs im laufenden Betrieb eine grosse Herausforderung darstellt. Dies ist jedoch nicht dem nötigen Ausbau der Veloinfrastruktur geschuldet, sondern dem immensen Platzbedarf des MIV.
ÖV-Angebotsänderungen 2026–2028
Sind Sie mit den vorgeschlagenen ÖV-Angebotsänderungen 2026–2028 (Kapitel 5) im Grundsatz einverstanden?
Mehrheitlich ja
Es fehlen in den Angebotsänderungen Tramprojekte der Tramnetzentwicklung 2030, die Angebotsänderungen gehen daher deutlich zu langsam voran. Die GRÜNEN sind dennoch einverstanden, dass Verbesserungen durch Angebotsänderungen umgesetzt werden.
Sind Sie mit der Führung der Tramlinie 17 via die neue Tramstrecke Margarethenverbindung (Kapitel 5.1.1) einverstanden?
Ja
Diese Verbindung erachten die GRÜNEN als grossen Mehrwert. Um diesen Mehrwert optimal auszuschöpfen, sollte die Linie 17 von Beginn an regelmässig und nicht nur während den Hauptverkehrszeiten darüber verkehren.
Sind Sie mit der Neuordnung des Busnetzes im Gebiet Basel Ost (Kapitel 5.1.2) einverstanden?
Mehrheitlich Ja
Kritisch sehen wir die Angebotsverschlechterung für das Schoren-Quartier.
Sind Sie mit der Optimierung des Busangebots Bachgraben (Kapitel 5.1.3) einverstanden?
Teils, teils
Wir sind mit der Optimierung des Busangebots Bachgraben einverstanden, jedoch nicht mit der mittel- bis langfristen Planung für die Erschliessung des Gebiets. In Kapitel 5.1.3 wird die Priorisierung von Tram Bachgraben und ZUBA nicht ausdrücklich genannt. Das Tram Bachgraben muss unbedingt vor dem ZUBA in Betrieb genommen werden.
Die ÖV-Infrastruktur ins Bachgraben wird vor allem aufgrund des von BL geplanten Entwicklungsareals notwendig. Es ist ungerecht, dass der Kanton BS sich nun für die Erschliessung kümmern muss und für diese alleine verantwortlich scheint. Die GRÜNEN bemängeln, dass der Kanton BL das Entwicklungsgebiet nicht mit einem angemessenen umweltfreundlichen Erschliessungskonzept begleitet hat und auch jetzt kaum Verantwortung übernimmt.
Die Verdichtung auf der Linie 48 begrüssen die GRÜNEN sehr. Die Stilllegung des Tram 21 erachten die GRÜNEN jedoch nicht als sinnvoll. Viel eher sollte das Tram 21 zügig ausgebaut werden bis ins Bachgraben. Die neue Buslinie vom Bad. Bahnhof zum Bachgraben begrüssen die GRÜNEN als provisorische Massnahme und regen an, vereinzelte Eilkurse Bad. Bahnhof – St. Johanns Bahnhof – Bachgraben zu prüfen.
Sind Sie mit der Optimierung des ÖV-Angebots von und nach Bettingen (Kapitel 5.1.4) einverstanden?
Mehrheitlich ja
Die GRÜNEN sehen es kritisch, den Halt der Buslinie 42 bei Habermatten aufzuheben. Die Haltestelle ermöglicht es heute, von der Linie 42 auf den 6er umzusteigen, was oft genutzt wird und für die Erschliessungsgebiete der Linie 42 einen grossen Mehrwert ist.
Sind Sie mit der Busanbindung des Dreiländerecks (Kapitel 5.1.5) einverstanden?
Ja
Sind Sie mit den Massnahmen zur Weiterentwicklung der trinationalen S-Bahn (insbesondere Einführung des 15-Minuten-Takts Basel–Liestal und zusätzliche Züge vom Oberrhein zum Bahnhof Basel SBB) (Kapitel 5.2.1) einverstanden?
teils, teils
Ein Anschluss des EuroAirport an die S-Bahn erhöht die Attraktivität des Flugverkehrs, trägt zu mehr Flugverkehr bei und widerspricht damit den Klimazielen. Das wird ebenfalls in Abschnitt 7.2.2 diskutiert. Die GRÜNEN lehnen die Bahnanbindung an den Euroairport ab und regen an, die entsprechende Absichtserklärung zu künden. Im Abschnitt 5.2.1 Trinationale S-Bahn Basel werden die Mehrkosten mehrerer Massnahmen angegeben. Wir bitten darum, klarer anzugeben, woraus diese Kosten genau entstehen.
Den Ausbau der Verbindungen nach Liestal und nach Biel begrüssen die GRÜNEN sehr.
Die Einkürzung der S3 bis Laufen und der Entfall der stündlichen Weiterführung bis Porrentruy ist im ÖV-Programm nicht genauer erläutert. Die Erschliessung entlang der S-Bahn nach Porrentruy kann mit einer Direktverbindung nach Délemont im halbstundentakt nicht gleichwertig erhalten werden. Die GRÜNEN lehnen daher die Einkürzung der S3 bis Laufen ab.
Sind Sie mit der Angebotsmassnahme an der Hochrheinstrecke Basel¬–Waldshut–Erzingen, die dank der Elektrifizierung und des Ausbaus der Bahnstrecke möglich wird (Kapitel 5.2.2), einverstanden?
Ja
Sind Sie mit den Angebotsoptimierungen zur Effizienzsteigerung (Kapitel 5.4) einverstanden?
Nein
Die Erläuterungen sind nicht aussagekräftig und können so nicht beurteilt werden. Die GRÜNEN sind der Ansicht, dass der Regierungsrat spätere Betriebsbeginne, Taktausdünnungen oder Einkürzungen von Verdichtungsfahrten im ÖV-Programm offen zur Diskussion stellen sollte.
Finanzen
Sind Sie mit der finanziellen Entwicklung des Globalbudgets ÖV bis im Jahr 2028 (Kapitel 6.1) einverstanden?
Ja
Ausblick: Planungen für Angebotsänderungen nach 2028
Sind Sie mit den Planungen für ÖV-Angebotsänderungen nach 2028 (Kapitel 7) einverstanden?
Mehrheitlich ja
Es fehlt in den Angebotsänderungen das Tram Grenzacherstrasse – Schwarzwaldstrasse. Am Standort Grenzacherstrasse der Roche arbeiten mehrere Tausend Personen. Eine Anbindung des Standorts an das Tramnetz würde die Attraktivität des ÖV verglichen mit dem MIV für den Arbeitsweg zur Roche Grenzacherstrasse erhöhen. Die Bahnanbindung an den Flughafen lehnen die GRÜNEN ab.
Weitere Anliegen
Haben Sie weitere Anliegen oder Bemerkungen zum vorliegenden Entwurf des ÖV-Programms 2026–2028?
Der Schwerpunkt des Dokuments liegt (naturgemäss) bei der Deckung des erwarteten Bedarfs an ÖV-Angeboten und bei der Steigerung der Attraktivität des ÖV. Eine Erhöhung der Attraktivität des ÖV ohne begleitende Massnahmen führt jedoch dazu, dass die ÖV-Personenkilometer zunehmen. Es fehlen Überlegungen dazu, wie der Mobilitätsbedarf der Menschen mit möglichst wenig Personenkilometers (vor allem MIV, aber auch ÖV) reduziert werden kann. Ein wichtiges Instrument ist dafür die Raumplanung (z.B. Förderung von Wohnen in der Nähe des Arbeitsplatzes). Eine mobilitätseffiziente Raumplanung ist nicht teil des ÖV-Programms. Jedoch sollten grundsätzliche Überlegungen zu diesem Thema und Verweise auf weiterführende Dokumente in das vorliegende Dokument aufgenommen werden.
Der Kapazitätsausbau und den Ausbau des Spätangebots an Wochenenden auf der Linie 30 begrüssen die GRÜNEN sehr. Zusätzlich dazu sollen Eilbusse vom Bahnhof SBB bis zum Badischen Bahnhof mit Zwischenstopp an der Haltestelle Universität und Bernoullianum geprüft werden. Die Planungen des Tram 30 sind zudem zu beschleunigen.
Die Taktverdichtung der Linie 50 an Samstagen lehnen die GRÜNEN ab.
Im Allgemeinen stellen die GRÜNEN fest, dass es im Busangebot viele Veränderungen und neue Linien/ Linienbezeichnungen hat. Die GRÜNEN sehen dies auch als problematisch und wünschen sich eine gute Information der Kundschaft und langfristig ein stabiles Linienangebot.
Im grenzüberschreitenden Verkehr ist der ÖV-Anteil überdurchschnittlich tief. Die GRÜNEN regen daher an, dass die Ticket-Gestaltung im Dreiland durchlässiger wird.