Mietzinsbeiträge sind ein zentrales Instrument zur Bekämpfung von Armut. Weil die Mieten aktuell wegen des erhöhten Referenzzinssatzes steigen, haben die Mitzinsbeiträge eine umso wichtigere Rolle. Dank der positiven Effekte auf die Reduktion von Armut erfüllt sich auch den Anspruch auf eine soziale Wohnpolitik, die mit dem „Recht auf Wohnen“ in der Kantonsverfassung verankert ist.

Bereits bei Familienhaushalten ist durch einen Mietbeitrag und die Prämienverbilligung eine Ablösung aus der Sozialhilfe möglich und die Schwellen-Effekte sind nur gering.

Die Mietzinsbeiträge sollen auch Haushalten von Personen ohne Kinder zugutekommen. Denn das sind rund 1700 Haushalte in Basel-Stadt und mitunter auch Menschen, die trotz Arbeit mit ihrem Einkommen unter der Armutsgrenze leben.
Fleur Weibel, Grossrätin

Ein Abrutschen von Working poor in die Abhängigkeit von der Sozialhilfe kann nachhaltig verhindert werden. Wichtig ist jedoch, dass dabei auch ein hypothetisches Einkommen berücksichtigt wird, das zum Beispiel Care-Arbeit miteinbezieht.

Auch U25 sollen Anspruch haben

Laut Bundesamt für Statistik zieht die Hälfte der jungen Erwachsenen bis zum 22. Altersjahr von zu Hause aus. Menschen, die nach der obligatorischen Schulzeit eine Ausbildung mit EFZ machen, haben ihre Erstausbildung bis dahin abgeschlossen. Die Altersgrenze von 25 Jahren für den Anspruch auf Mietzinsbeiträge greift dann zu spät und Personen mit Lehrabschluss haben keine Ausbildungsbeiträge mehr zur Verfügung.

Des Weiteren fordern die GRÜNEN Basel-Stadt wegen der kleinräumigen Region die Abschaffung oder Verkürzung der Wohnsitzpflicht. Zudem sollen die Nebenkosten nicht nur in einer Pauschale übernommen werden, da diese in günstigen Wohnungen oft anteilsmässig höher sind. Schliesslich sollen Menschen mit Einschränkungen bei der Mitwirkung entsprechend unterstützt werden.

Stellungnahme zum Entwurf des Gesetzes über die Ausrichtung von Mietbeiträgen (Mietbeitragsgesetze, MBG)

Einleitende Fragen

1. Grundsätzliche Stellungnahme betreffend Ratschlag zum Gesetz über die Ausrichtung von Mietbeiträgen (Mietbeitragsgesetze, MBG).

Die Mietzinsbeiträge sind neben der Alimentenbevorschussung, den Tagesbetreuungsbeiträgen und den Prämienverbilligungen ein zentrales Instrument zur Bekämpfung von Armut. Gerade aufgrund der aktuell steigenden Mietzinsen durch den erhöhten Referenzzinssatz kommt den Mitzinsbeiträgen eine umso wichtigere Rolle zu.

Aufgrund der genannten positiven Effekte auf die Reduktion von Armut erfüllt die Totalrevision der MBG auch den Anspruch auf eine soziale Wohnpolitik, die mit dem „Recht auf Wohnen“ in der Kantonsverfassung verankert ist.

Durch die Entlastung der tiefsten Einkommen ist die von der Regierung vorgesehene Ausweitung des Instruments der Mietzinsbeiträge auf Haushalte ohne Kinder und damit die Totalrevision des Gesetzes über die Ausrichtung von Mietzinsbeiträgen an Familien mit Kindern, sehr zu begrüssen.

2. Stimmen Sie der Totalrevision des Gesetzes über die Ausrichtung von Mietbeiträgen (Mietbeitragsgesetz, MBG) zu?

  • Ja

Wie die Interface-Studie von 2016 zeigt, wären von den aktuell unterstützten Familienhaushalten 16 Prozent bei Wegfall der Mietzinsbeiträge auf Sozialhilfe angewiesen. Sowohl für Familienhaushalte mit zwei Erwachsenen wie auch für Haushalte mit einem alleinerziehenden Elternteil zeigt sich, dass durch die Subjekthilfe durch Mietbeitrag und Prämienverbilligung eine frühzeitige Ablösung aus der Sozialhilfe möglich ist und die Schwellen-Effekte nur gering sind. Die Totalrevision ist daher unbedingt mit den unter 5. und 6. beschriebenen Ergänzungen umzusetzen.

Während die Unterstützung von Armutsbetroffenen oder armutsgefährdeten Familien (gerade alleinerziehende Eltern sind einem besonders hohen Armutsrisiko ausgesetzt) also unverändert wichtig bleibt, gibt es auch bei den Haushalten von Personen ohne Kinder einen erheblichen Unterstützungsbedarf. Das sind über zehn Prozent der armutsbetroffenen Haushalte in der Schweiz! Zu erwähnen sind dabei insbesondere die sogenannten «Working-Poor», also erwerbstätige Personen, die trotz Arbeit mit ihrem Einkommen unter der Armutsgrenze leben.

Wie die Interface-Studie zeigt, werden sowohl Ein- wie Zweipersonenhaushalte ohne Kinder durch die Mietzinsbeiträge von einer relevanten Entlastung ihres Haushaltsbudgets profitieren. Ein Abrutschen der Working Poor in die Abhängigkeit von der Sozialhilfe kann dank der zielgerichteten Subjekthilfe nachhaltig verhindert werden. Ebenfalls sehr positiv zu erwähnen ist, dass mit den Mietzinsbeiträgen zugleich auch der aktuell hohe Schwelleneffekt bei der Ablösung aus der Sozialhilfe stark reduziert werden kann.

3. Mit der Vorlage des Regierungsrates wird die Anzahl unterstützter Haushalte von 2’200 um ca. 1’700 erweitert und das Budget für Mietbeiträge von knapp 11.3 Mio. Franken um ca. 4.3 Mio. Franken pro Jahr erhöht. Finden Sie diesen Ausbau: angemessen, zu grosszügig oder ungenügend?

  • angemessen

In Anbetracht der rund 1700 betroffenen Haushalte und dem erwarteten Effekt von verhinderten Eintritten in und die beschleunigte Ablösung von der Sozialhilfe durch das MBG, ist der Ausbau für kinderlose Haushalte sicher als angemessen zu bewerten. Wichtig ist, dass die Schwelleneffekte zwischen der Sozialhilfe und den der Sozialhilfe vorgelagerten Beiträgen geglättet werden. Dabei ist es weniger von Bedeutung wie hoch die gesamte Summe ist, sondern dass die Gelder zielgerichtet eingesetzt werden. Die Interface-Studie zeigt auf, dass dank der Subjekthilfe durch das MBG Arbeitsanreize bestehen bleiben und das selbstbestimmte Wohnen (Ort, Miete, Art der Wohnung, Bezugsdauer) die Situation der Haushalte allgemein stabilisiert. Diese Stabilität ist die Voraussetzung für eine nachhaltige, selbstbestimmte Planung von Art und Umfang von Beschäftigung und/oder Bildung der betroffenen Erwachsenen. 

Fragen zu einzelnen Gesetzesparagraphen

4. Sind Sie mit der Regelung bezüglich Ausweitung der Mietbeiträge auf Haushalte ohne Kinder einverstanden (neuer § 10 Abs. 1) einverstanden?

  • Teilweise

Die Ausweitung der Zielgruppe auf kinderlose Haushalte ist absolut notwendig. Allerdings ist es wichtig, dass spätestens auf Verordnungsebene das Hypothetische Einkommen analog der Haushalte mit Kindern eingeführt wird. Zum Beispiel darf ein freiwilliger Verzicht auf eine Vollzeitstelle nicht zum Verlust des gesamten MBG führen.

Weiter sollte eine Möglichkeit ausgearbeitet werden, dass Care-Arbeit analog der Care-Arbeit in den Haushalten mit Kindern als Beschäftigung gewertet wird und in diesen Fällen kein Hypothetisches Einkommen angerechnet wird.

5. Sind Sie mit der Regelung bezüglich Altersgrenze (neuer §11) einverstanden?

  •  Nein

Laut Bundesamt für Statistik 2022 zieht die Hälfte der jungen Erwachsenen bis zum 22. Altersjahr von zu Hause aus. Menschen, die nach der obligatorischen Schulzeit eine Ausbildung mit EFZ machen, haben ihre Erstausbildung bis dahin abgeschlossen. Die relativ hohe Altersgrenze von 25 Jahren ist für die Berechtigung zum Antrag für MBG entsprechend spät greifend und für Personen, welche nicht die Möglichkeit haben, bei ihren Eltern wohnen zu bleiben (z.B. Care-Leaver), eine hohe Hürde.

Der Verweis auf die Ausbildungsanträge ist unvollständig. Betreffend die billigeren Wohnformen ist zu prüfen, inwiefern Menschen im entsprechenden Lebensabschnitt durch MBG durch die Umsetzung der Ziele für eine soziale Wohnpolitik und der Stärkung der Selbstbestimmung und Wahlfreiheit unterstützt werden könnten.

Der Verweis auf die Ausbildungsbeiträge und andere Unterstützungsinstrumente ist unvollständig und muss differenziert betrachtet werden. Z.B. sind Personen, welche einen Lehrabschluss gemacht haben, sind in der Regel – wie erwähnt – mit 25 Jahren längst mit der Erstausbildung fertig.

6. Haben Sie weitere Bemerkungen oder Änderungsvorschläge zu einzelnen Paragraphen im Gesetzesentwurf?

Paragraph 2

Die Wohnsitzpflicht gehört abgeschafft oder deutlich verkürzt. In der sehr kleinräumigen Region und angesichts der hohen Mobilität in der Arbeitswelt steht diese Regelung quer in der Landschaft.

Paragraph 3

Dass die Nebenkosten nur pauschal übernommen werden, ist problematisch. Gerade günstige Wohnungen haben oft hohe Nebenkosten wegen schlechter Isolation etc. Es wäre darum sinnvoll, die effektiven Nebenkosten zu übernehmen.

Paragraph 12

Menschen mit Einschränkungen in ihren Möglichkeiten zur Partizipation sind bei der verpflichtenden Mitwirkung beim Vollzug zu Abklärungen des Anspruchs auf MBG zu unterstützen.