
Anzug: CO2-Abscheidung bei der Kehrichtverwertungsanlage der IWB in Basel
Anzug Franz-Xaver Leonhardt (Mitte) und Raffaela Hanauer.
Die Basler Kehrichtverwertungsanlage (KVA) der IWB produzierte gemäss Energiestatistik BS im Jahr 2020 rund 157’000 t CO2 aus fossilen Quellen und belastet damit das Klima stark. Inklusive der Emissionen der KVA, die aus biogenen Quellen stammen und die als klimaneutral gelten, ist die von der KVA ausgestossene Menge CO2 sogar doppelt so gross. Bezogen auf die Gesamtmenge an CO2-Emissionen im Kantons BS beträgt der Anteil der fossilen CO2-Emissionen aus der KVA rund 25 Prozent. Pro Einwohner sind es gemäss Energiestatistik BS im Jahr 2020 0.8 Tonnen, ähnlich viel wie pro Kopf durch Industrie und Gewerbe (0.9 t), Wohnen (0.7 t), oder den Verkehr (0.7t) ausgestossen werden.
Wegen ihrem hohen CO2-Ausstoss spielen Kehrichtverwertungsanlagen für die Klimastrategie der Schweiz eine wichtige Rolle. Um die Ziele des Klimaabkommens von Paris zu erreichen, müssen gemäss Weltklimarat neben Emissionsreduktionen auch CO2-Abscheidung und deren langfristige Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) sowie Negativemissionstechnologien (NET) rasch entwickelt und realisiert werden. Kehrichtverbrennungsanlagen mit ihren hohen Emissionen drängen sich als Punktquellen für CO2-Abscheidung geradezu auf. Wird mehr als 50 Prozent des ausgestossenen CO2 solcher Anlagen abgetrennt, entstehen dadurch negative Emissionen, welche notwendig sind zur Kompensation von nicht vermeidbaren CO2-Quellen.
Der Bundesrat hat letztes Jahr die Rolle von CO2-Abscheidung und Negativemissionstechnologien für die Erreichung der Klimaziele der Schweiz in einem Bericht dargestellt. Ebenfalls letztes Jahr hat das Bundesamt für Umwelt mit dem Verband der Betreiber Schweizerischer Abfallverwertungsanlagen (VBSA) eine diesbezügliche Vereinbarung getroffen. Diese sieht vor, dass mindestens eine erste KVA in der Schweiz bis ins Jahr 2030 mit CCS ausgerüstet sein muss. Danach sollen fortlaufend alle weiteren Anlagen in der Schweiz mit CCS ausgerüstet werden. Basel-Stadt muss gemäss Kantonsverfassung eine CCS-Anlage bei der KVA bis allerspätestens 2037 in Betrieb nehmen, um die in der Verfassung festgelegten Klimaziele zu erreichen.
Aus Sicht des Klimaschutzes ist jedoch eine wesentlich raschere Einführung von CCS notwendig: Um die Klimaerwärmung zu bremsen, kommt es nicht nur darauf an, das Netto-Null-Ziel möglichst rasch zu erreichen, sondern auch auf die bis dahin gesamthaft ausgestossene Menge an CO2-Emissionen. Jede Tonne CO2 weniger in der Atmosphäre zählt, dies zeigen die CO2-Budget-Analysen des Weltklimarats. Werden grosse CCS-Anlagen früher realisiert, hat dies einen beträchtlichen positiven Einfluss aufs Klima. Ausserdem kann sich die Schweiz als Pionier solcher Technologien positionieren. Aus diesem Grund planen verschiedene KVA-Betreiber, ihre Anlagen früher als ursprünglich geplant mit CCS auszurüsten, so z.B. die KVA Hinwil bereits bis 2028. Wegen dem hohen Anteil an biogenen Stoffen im Brenngut der KVA können dadurch auch negative CO2-Emissionen erzielt werden, die über den Verzicht auf Zertifikatskäufe dazu beitragen könnten, die Kosten von CO2-Abscheidung und Speicherung zumindest teilweise zu finanzieren.
Wegen dem hohen Anteil der fossil verursachten CO2-Emissionen durch die KVA, um Netto-Null bis 2037 zu erreichen und für einen wirksamen Klimaschutz sind die Unterzeichnenden der Meinung, dass die KVA in Basel so rasch wie möglich mit einer CCS-Anlage ausgestattet werden sollte.
Die Unterzeichnenden bitten deshalb den Regierungsrat, folgende Fragen zu prüfen und darüber zu berichten:
- Wie lässt sich die Ofenanlage der KVA Basel bereits vor dem geplanten Ersatz der Ofenlinien durch eine provisorische Anlage zur CO2-Abscheidung nachrüsten?
- Wie lässt sich bis spätestens 2037 bei Ersatz der Ofenlinien die KVA mit einer permanenten Anlage zur CO2-Abscheidung ausrüsten?
- Welche technischen und logistischen Herausforderungen sind mit dem Bau und dem Betrieb einer Anlage zur CO2-Abscheidung zu bewältigen, welche mit dem Transport und der langfristigen Speicherung des abgeschiedenen CO2?
- Mit welchen Kosten ist aus heutiger Sicht für eine Anlage für die CO2-Abscheidung zu rechnen? Wie hohe Kosten entstehen voraussichtlich durch den Betrieb dieser Anlage, welche für den Transport und die langfristige Speicherung des abgeschiedenen CO2?
- Welche Finanzierungsmöglichkeiten bestehen für den Bau und den Betrieb einer CCS-Anlage im Kanton BS? Wie kann der Kanton BS aktiv zu den aktuellen Bestrebungen für eine schweizweite Finanzierungslösung beitragen?
- Wie lassen sich die bisherigen Erfahrungen anderer KVA im Aus- und Inland für Bau und Betrieb einer CCS Anlage in Basel nutzen? Wie kann durch diese Erfahrungen der mit der CO2-Abscheidung verbundene Energieaufwand im Interesse einer möglichst effizienten Fernwärme- und Stromerzeugung minimiert werden?
- Lassen sich die erheblichen Mengen an biogenem CO2, welches mit einer CCS-Anlage der KVA abgeschieden werden kann («negative Emissionen»), dazu verwenden, um durch die Vermeidung von Zertifikatskäufen einen Finanzierungsbeitrag für die CCS zu erzeugen? Wie gross könnte dieser Beitrag sein?
- Wie kann der Kanton BS die laufenden Forschungs- und Entwicklungsprogramme der ETHZ und anderer Akteure im Bereich CCS unterstützen und von deren Erkenntnissen im Bereich der CO2-Abscheidung, des CO2-Transports und der Speicherung profitieren?
