Interpellation: Attacke der Kantonspolizei mit Gummigeschoss-Einsatz auf Menschenansammlung ohne Fluchtweg
Am 8. März hinderte die Kantonspolizei Basel-Stadt eine Kundgebung an der Versammlung und missachtete damit die Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit. Als sich die rund 200 Menschen dennoch versammeln wollten, griff die Kantonspolizei mit einem der drastischsten Mittel durch, welches sie hat: Sie hat die friedliche Demonstration beinahe umgehend von beiden Seiten mit einem Grossaufgebot eingekesselt und mit Gummigeschossen beschossen. Die Demonstration war friedlich und gab von sich aus keinen Anlass für ein solches Handeln. Auch unbewilligte Demonstration unterstehen dem Grundrechtsschutz, eine fehlende Bewilligung ist ebenfalls keine ausreichende Rechtfertigung für ein solches Vorgehen. Während dem die rund 200 Personen eingekesselt waren, kam es laut Medien- und Zeugenberichten zu einem Einsatz von Gummischrot. In der Medienmitteilung der Kantonspolizei beschreibt die Polizei den Hergang wie folgt: „Die Polizei kündigte Zwangsmittel an, die sie dann auch einsetzen musste, als die Menge trotz Warnung mit einem Transparent auf die Polizeikette zuschritt.“
Am 12. März ist auf Twitter ein Video aufgetaucht, welches diese Beschreibung des Hergangs entkräftigt. Auf dem Video ist zu sehen, wie die eingekesselten Personen nahe beieinander stehen. Von der einen Seite rennen rund ein Dutzend Polizist:innen in Vollmontur auf die eingekesselten Menschen zu. Die eingekesselten und wehrlosen Menschen geraten in Panik. Rufe werden laut, während die Polizist:innen den Demonstrierenden zwei Transparente entwenden. Die zuvor stehende Menge weicht nun panisch zurück und schreit ängstlich. Während die Polizist:innen die Transparente entwenden konnten und wieder zurück rennen, fallen drei Schüsse und Gummigeschosse werden abgefeuert. Auf dem Video kann die Distanz zu den Demonstrierenden abgeschätzt werden. Diese beträgt zwei bis vier Meter.
Daher bittet die Interpellantin den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen:
- Ist es korrekt, dass die Kantonspolizei Gummigeschosse nur auf eine Distanz von 20 Meter anwenden darf?
- Ist es korrekt, dass die Kantonspolizei Gummigeschosse nur anwenden darf, wenn keine milderen Mittel zur Verfügung stehen?
- Bestreitet die Regierung, dass die im Video sichtbaren Gummigeschosse aus einer kleineren Distanz als 20m abgefeuert wurden?
- Welche Konsequenzen hat die Missachtung einer Mindestdistanz für die Polizist:innen?
- Werden diese Konsequenzen für die im Video sichtbaren Polizist:innen gezogen, welche Gummigeschosse aus nächster Nähe abfeuerten?
- Im Online-Medium Bajour macht Prof. Dr. iur Markus Schefer, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht folgende Aussage: «Die Verwendung von Gummischrot ohne Gefahr der Ausübung von Gewalt oder anderen schweren Verletzungen hochwertiger Rechtsgüter dürfte kaum zu rechtfertigen sein.» Stimmt die Regierung der Aussage von Herrn Professor Schefer zu?
- Kann die Regierung auf dem Video ebenfalls erkennen, dass von der Menschenmenge weder Gewalt ausgeübt noch schwere Verletzungen hochwertiger Rechtsgüter ausgeübt werden?
- Was sind die Schlüsse, die die Regierung aus dieser Erkenntnis zieht? Wird es eine unabhängige Untersuchung der Polizei-Attacke geben?
- Kann die Regierung auf dem Video ebenfalls erkennen, dass die Menschenmenge zum Zeitpunkt des Polizeiangriffs nicht «auf die Polizeikette zuschritt», anders als in der Medienmitteilung mitgeteilt?
- Welche Konsequenzen werden intern gezogen, wenn die Kantonspolizei in einer Medienmitteilung falsche Aussagen macht?
- Wer entschied darüber, dass die Polizist:innen auf die eingekesselte Menge zurannten? Und was hat dieser unverhältnismässige Einsatz für Konsequenzen für die Entscheidungsträger:innen?
- Die Polizei trägt eine Mitverantwortung für die friedlichen Kundgebungsteilnehmenden und muss stets verhältnismässig agieren. Was sind die Konsequenzen, welche Frau Regierungsrätin gegenüber der Kantonspolizei zieht, nachdem sie feststellen konnte, dass die Polizei die Sicherheit von friedlichen Kundgebungsteilnehmenden und die Auslösung einer Panik innerhalb einer Menschenansammlung ohne Fluchtweg riskierte?
- Ist der Regierung der Art. 36 «Einschränkungen von Grundrechten» der Bundesverfassung bekannt und kann die Regierung bestätigen, dass auch unbewilligte Demonstrationen einen Grundrechtsschutz tragen und eine Teilnahme an diesen nicht strafbar ist und demnach keine Einkesselung und einen Gummigeschoss-Beschuss rechtfertigt, wenn die Demonstration friedlich ist?