Interpellation: Entwicklung des ehem. Thomi + Franck-Areals / Abbruch der Gebäude auf dem heutigen Nestlé SA-Areal
Kürzlich konnte aufgrund der Publikation des Abbruchgesuchs vernommen werden, dass Produktionsgebäude auf dem Areal Nestlé(ehemaliges Thomi + Franck Areal, Horburgstrasse 105) in Basel abgebrochen werden sollen. Die Einsprachefrist endet bereits am 18. Juni 2021.
Das Areal der Nestlé SA zwischen Riehenring, Mauerstrasse, Eimeldingerweg und Horburgstrasse (ehemaliges Thomi +Franck-Areal) bildet den historischen Kern des ausgedehnten Industriegebiets im nördlichen Kleinbasel, das die Stadt und ihre Bewohner über Jahrhunderte stark geprägt hat (vgl. https://architekturbasel.ch/fabrikations-und-lagergebaeude-thomi-franck-basel/). Es weist eine Ausdehnung von ca. 200m x 100m auf, was für Basler Verhältnisse sehr gross ist.
In Anbetracht dessen, dass das Vorhaben aufgrund seiner städtebaulichen und historischen Bedeutung nicht nur die unmittelbare Anwohnerschaft, sondern auch das umgebende Quartier und weitere Teile der Stadt betrifft, erstaunt es doch sehr, dass die Öffentlichkeit über diese Pläne und die geplante Entwicklung des Areals nicht früher informiert worden ist und kein Mitwirkungsprozess gemäss §55 der Kantonsverfassung stattgefunden hat.
Ausserdem ist fraglich, ob der Abbruch von Gebäuden auf dem heutigen Areal der Nestlé SA ohne fundiertes denkmalschützerisches Gutachten, das die historische Bedeutung des ältesten Industriestandorts im unteren Kleinbasel und den architektonischen Wert des gewachsenen Industrieensembles gleichermassen würdigt, zulässig ist und ob bereits ein konkretes Bauprojekt vorliegt, da allfällige Abbruchbewilligungen erst bei Vorliegen eines städtebaulich tragfähigen, ausführungsbereiten Konzepts zur Arealentwicklung erteilt werden dürfen.
Zudem grenzt das Areal im Norden an das sich aktuell in der Entwicklung befindende Klybeckareal, westlich an das im Zusammenhang mit der Klybeckentwicklung unter starkem Veränderungsdruck stehende Horburgquartier und östlich an das der Vollendung entgegensehende Erlenmattquartier. Es verbindet damit drei der wichtigsten Entwicklungsgebiete im Kanton unmittelbar. Eine mögliche Öffnung des Geländes und eine Nutzung der bestehenden Gebäude –als z.B. urbanes Zentrum mit vielfältiger Ausstrahlung–könnte die im Norden der Stadt neu entstehenden Quartiere über eine attraktive zweite Achse mit den südlich angrenzenden Gebieten verbinden.
Auch aus stadtklimatischer Sicht sind bei grösseren baulichen Veränderungen die Durchlüftungsbahnen im Quartier, das zunehmend an Hitzestau leidet,zu berücksichtigen, trifftdoch der unter dem Menu „Stadtklima“ unter https://map.geo.bs.chersichtliche Luftstrom entlang der Wiese genau beim Thomi+ Franck-Areal auf höhere Bebauung und wird nach Süden abgelenkt. Eine Öffnung des Areals in Ost-West-Richtung wäre daher vorzuziehen.
Das mit der Entwicklung eines solch grossen Gebietes verbundene gesellschaftliche, ökonomische, ideelle und ökologische Potential muss unbedingt öffentlich diskutiert werden können.Bevor mit dem Abbruch der Gebäude Fakten geschaffen werden, sollte angesichts der offensichtlichen öffentlichen Interessen eine Übernahme bzw. der Kauf durch den Kanton sowie eine mögliche Umzonung des Geländes (etwa in Zone 3)zumindest geprüft werden.
Jedenfalls muss sichergestellt werden, dass die Projekte zur Entwicklung des Areals für die im Klybeckareal vorangetriebene Planung und für das Horburgquartier verträglich sind und strategisch in die laufende Entwicklung des unteren Kleinbasels eingebunden werden. Insbesondere muss die durch den Abbruch der Gebäude bzw. die Neunutzung des Areals betroffene Anwohnerschaft in die Planungen einbezogen werden, zumal Ideen zur gemeinverträglichen Quartierentwicklung vorhanden sind und die Bevölkerung, namentlich der Neutrale Quartierverein Unteres Kleinbasel den zuständigen Stellen des Kantons und der Eigentümerschaft ihre/seine Bereitschaft zur konstruktiven Mitarbeit bereits mehrfach mitgeteilt hat.
Vor diesem Hintergrund bittet die Interpellantin die Regierung um die Beantwortung der folgenden Fragen:
- Was ist auf dem Areal geplant bzw. weiss die Regierung, was die Eigentümerschaft auf dem Areal kurz-, mittel- und langfristig plant?
- Seit wann läuft diese Planung bzw. die Vorbereitungen zum Abbruchgesuch? Ist der Kanton in die Planung involviert?
- Wenn ja, seit wann und in welcher Rolle wurde der Kanton in die Planung miteinbezogen?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wurde ein denkmalschützerisches Gutachten, das die historische Bedeutung und den architektonischen Wert des gewachsenen Industrieensembles gleichermassen würdigt, erstellt?
- Liegt bereits ein konkretes Projekt/Konzept vor, das eine städtebaulich tragfähige und ausführungsbereite Arealentwicklung ermöglicht?
- Haben Abklärungen stattgefunden, ob der Kanton das Areal oder Teile davon erwerben kann?
- Wenn ja, was waren die Ergebnisse?
- Wenn nein, weshalb hat sich der Kanton nicht um den Erwerb bemüht?
- Haben Abklärungen stattgefunden, ob das Areal oder Teile davon umgezont werden können?
- Wenn ja, was waren die Ergebnisse?
- Wenn nein, weshalb wurde dies nicht geprüft?
- Weshalb wurde die Öffentlichkeit und insbesondere die Quartierbevölkerung bislang nicht informiert?
- Wieso gibt es bislang, in Anbetracht der Grösse und der Bedeutung des Areals für das Quartier und die Stadtentwicklung im unteren Kleinbasel,kein Mitwirkungsverfahren nach § 55 der Kantonsverfassung?Ist die Regierung bereit,ein solches Verfahren in die Wege zu leiten?
- Teilt die Regierung die Ansicht, dass die Umgestaltung des Areals aufgrund seiner Grösse und geographischen Lage Auswirkungen nicht nur auf das Quartier, sondern auf die Entwicklung des Klybeckareals hat?
- Teilt die Regierung die Ansicht, dass bei einer Umgestaltung des Areals aufgrund seiner stadtklimatischen Bedeutung der Öffnung von Durchlüftungsachsen besondere Aufmerksamkeit zukommen muss?
- Teilt die Regierung die Ansicht, dass die Umgestaltung dieses Nestlé-Areals aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft zum Klyckbeckareal in eine gesamtheitliche Planung des unteren Kleinbasel unbedingt miteinbezogen werden muss?