Der Eurovision Song Contest (ESC) wird im Mai 2025 in Basel-Stadt stattfinden, dies hat die SRG am 30. August 2024 bekannt gegeben. Die Freude über diesen Entscheid ist riesig, beim zuständigen Regierungspräsidenten, in der Basler Politik und gemäss Aussagen gegenüber den Medien auch in der Basler Bevölkerung. Wie der Regierungsrat schreibt, sieht er in der Durchführung dieses weltweit grössten Musikwettbewerbs «eine grosse Chance».

Tatsächlich ist es eine grosse Chance für Basel und die Schweiz, dass mit dem ESC 2025 nicht nur einer der grössten, sondern auch einer der buntesten und vielfältigsten Musikwettbewerbe, der sich insbesondere auch in der queeren Community einer enorm grossen Beliebtheit erfreut, in die Region kommt. Der Anlass bietet die Möglichkeit, Grenzen zu überschreiten – regionale, kulturelle, musikalische, aber auch geschlechtliche Grenzen. Das hat der überragende Sieg von Nemo vom diesjährigen ESC gezeigt. Allerdings ist die Schweizer Politik in Sachen Offenheit und Grenzüberwindung noch nicht so weit wie der ESC. Entsprechend hat Nemo denn auch kritisiert, dass es in der Schweiz noch keine Möglichkeit gibt, neben den Geschlechtskategorien Frau und Mann ein drittes Geschlecht eintragen zu lassen, was bedeutet, dass die Existenz von nicht binären Menschen wie Nemo in der Schweiz gesetzlich nicht anerkannt wird.

Dass der ESC nun in die Schweiz kommt, ist also auch insofern eine grosse Chance, als sich Basel nun dafür einsetzen kann, diese gesellschaftspolitische Grenze in der Schweiz zu überwinden, ganz im Sinne des Mottos «Crossing Borders», mit dem sich Basel für die Austragung des ESC beworben hat. Denn wie der ESC stehe auch Basel für die Offenheit, die Teilhabe, den gegenseitigen Respekt und die Wertschätzung von Verschiedenheit und Vielfalt, wie die Regierung in ihrer Bewerbung für den ESC schreibt. Basel und der ESC seien deshalb «ein Traumpaar». Und tatsächlich ist Basel perfekt geeignet, um sich auf Bundesebene für die Anerkennung von nicht binären Menschen einzusetzen, denn Basel hat bereits ein Gleichstellungsgesetz, das die geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in der Gesellschaft und die Existenz nicht binärer Menschen anerkennt und vor Diskriminierung schützt. Die Einführung eines dritten Geschlechtseintrags muss aber auf Bundesebene erfolgen.

Aufgrund dieser grossen Chance, die die Austragung des nächsten ESC in Basel darstellt, bittet die Interpellantin um die Beantwortung folgender Fragen:

  1. Nach dem Sieg von Nemo beim ESC 2024 wurden Bundesrat und Parlament mit einem offenen Brief (Stand heute 17’826 Unterzeichnende) dazu aufgefordert, eine gesetzliche Grundlage für die Anerkennung nicht binärer Menschen in der Schweiz zu schaffen. Unterstützt der Regierungsrat die Forderung dieses offenen Briefes?
    1. Wenn ja, wie gedenkt der Regierungsrat, sich entsprechend dem Motto «Crossing Borders» des ESC 2025 dafür einzusetzen, dass die Diskussion um die Einführung eines dritten Geschlechtseintrags auf Bundesebene wieder aufgenommen wird, nachdem der Bundesrat diesem Anliegen (Postulat Arslan) 2022 eine Abfuhr erteilt hat?
  2. Welche Massnahmen plant die Regierung im Rahmen der Durchführung des ESC im Bereich der Aufklärungsarbeit und Sensibilisierung der Bevölkerung für LGBTIQ Themen?
    1. Wurde die Abteilung Gleichstellung und Diversität in die Bewerbung miteinbezogen und wird sie Teil der Vorbereitungen und der Durchführung sein?
    2. Ist vorgesehen, die lokalen und nationalen LGBTIQ Organisationen in die Ausgestaltung des ESC Rahmenprogramm einzubeziehen und wenn ja wie?
  3. Welche konkreten Schritte über den ESC hinaus plant der Regierungsrat gemeinsam mit der Abteilung Gleichstellung und Diversität, um die Wertschätzung gegenüber nicht binären Menschen und deren gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in Basel-Stadt zu gewährleisten und sie vor Diskriminierung zu schützen?
  4. Bis ein dritter Geschlechtseintrag in der Schweiz eingeführt ist, wird es noch eine Weile dauern. Ist der Regierungsrat in der Zwischenzeit bereit…
    1. eine dritte Anredeoption in und durch die Verwaltung zu prüfen und aufzuzeigen, wo dies juristisch möglich ist?
    2. Formulare des Kantons daraufhin zu überprüfen, ob auf eine Angabe der Kategorien weiblich und männlich verzichtet werden kann und sie, wo juristisch möglich, entsprechend anzupassen?
  5. Ist der Regierungspräsident bereit, in den nächsten Monaten das direkte Gespräch mit nicht binären Personen zu suchen, also entsprechende Gruppierungen und Interessensvertretungen zu einem Austausch zu treffen, um von ihnen direkt zu erfahren, wie ihre Situation verbessert werden kann?

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