Interpellation: Rechtsstaatlichkeit des radikalen Demoverbotes der Kantonspolizei
Am 18.10.23 kommunizierte das Justiz- und Sicherheitsdepartement per Medienmitteilung, dass die Kantonspolizei Basel-Stadt eine Allgemeinverfügung erlassen habe, welche jegliche Demonstrationen, Standkundgebungen und Mahnwachen während eines ganzen Wochenendes verbietet. Dies begründete die Kantonspolizei mit dem schrecklichen Krieg im Nahen Osten, welcher einen Einfluss auf die generelle Sicherheitslage bei uns habe. Das Erlassen eines radikalen Demoverbotes durch die Kantonspolizei Basel-Stadt ist grundrechtlich nicht haltbar, wie es das UNO Menschenrechtsbüro und Amnesty International bereits ausführten. Zudem wirft es auch weitere rechtsstaatliche Fragen auf. Daher bittet die Interpellantin den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen:
- Wie oft gab es im Kanton Basel-Stadt ein allgemeines Kundgebungsverbot über mehrere Tage, welche Rechtsgrundlagen galten und welches Gremium entschied darüber?
- Wie stellt sich der Regierungsrat dazu, dass mit dem radikalen Demoverbot auch Kundgebungen ohne Zusammenhang mit dem schrecklichen Krieg im Nahen Osten verboten wurde, beispielsweise Spontankundgebungen aufgrund der Wahlresultate?
- Hat die Kantonspolizei Basel-Stadt in die Überlegungen mit einbezogen, dass das Demoverbot lediglich dazu führen wird, dass Demonstrationen einfach über die Grenze weg verlagert werden, und inwiefern übernimmt sie in diesem Zusammenhang Verantwortung für potenzielle Auswirkungen in Nachbarländern wie Deutschland oder Frankreich?
- Hat die örtliche Polizei in Weil am Rhein eine Beschwerde eingereicht oder Bedenken geäußert, weil sie eine Verantwortung übernehmen musste, die die Kantonspolizei Basel-Stadt nicht übernehmen wollte?
- Die Kantonspolizei stützt ihr Demoverbot auf ihren Auftrag zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung (PolG§1) sowie auf die in der Strassenverkehrsverordnung (§14) verankerten Regelungen zu Bewilligungen. Diese geben ihr jedoch beide nicht das Recht, allgemein gültige Verbote zu erlassen. Auf welcher Rechtsgrundlage begründet die Kantonspolizei, dass sie das Recht hat, allgemein gültige Verbote über längere Zeiträume zu erlassen?
- Gemäss §8 Abs 1 des Polizeigesetzes kann einzig der Regierungsrat ein Notrecht anordnen. Warum hat sich die Kantonspolizei nicht an den Regierungsrat gewandt?
- Was unternimmt / unternahm der Regierungsrat gegenüber dem JSD und der Kantonspolizei bezüglich dieser Kompetenzüberschreitung in seinem Zuständigkeitsbereich?
- Warum sind die veröffentlichten, erlassenen Polizeivorschriften nicht unterzeichnet? Von wem kommen diese nun? Vom Departement, der Kantonspolizei oder von Stephanie Eymann direkt?
- Wo ist die „Allgemeinverfügung“ im kantonalen Recht definiert und in welchem Kontext darf die Kantonspolizei eine solche erlassen?
- Wo ist das Instrument der „Polizeivorschrift“ im kantonalen Recht erklärt und für welche Zwecke darf es genutzt werden?
- Gemäss Polizeigesetz muss die Polizei immer das ihr zur Verfügung stehende mildeste Mittel einsetzen. Inwiefern war eine radikale Einschränkung der Grundrechte aller Bewohner*innen in Basel mittels Verbot tatsächlich das mildeste Mittel?
- Warum wurde die Allgemeinverfügung im Kantonsblatt unter „Umwelt, Verkehr und Energie“ veröffentlicht, und warum nicht unter „Beschlüsse und Erlasse“? Ist es kein Beschluss oder Erlass?
- Gibt es keinen grundrechtlichen Schutz für Demonstrationen bei einem allgemeinen Demoverbot, insbesondere wenn keine Gewalt oder Sachbeschädigungen vorliegen?