Anzug betreffend Perspektive Berufsbildung: Berufsberatung im Gymnasium. Monitoring und bessere Unterstützung bei Abbrüchen
Ein nicht zu vernachlässigender Teil der Jugendlichen, die ein Gymnasium besuchen, bricht vorzeitig ab. Viele dieser Jugendlichen haben das Potenzial, eine anspruchsvolle Berufslehre zu starten, die sie fordert und in der sie ihre Fähigkeiten entfalten können. Doch dieses Potenzial wird nicht systematisch genutzt: zum Nachteil von Wirtschaft, Gesellschaft und den betroffenen Schülerinnen und Schülern.
Erstaunlicherweise wird das vorzeitige Abbrechen des Gymnasiums in der Schweiz statistisch nicht systematisch erfasst. Für den Kanton Basel-Stadt liegen nur verstreute Zahlen vor: Im Bildungsbericht von 2014 wird die Abbruchquote mit 20 Prozent angegeben; ein Regierungsratsbeschluss von 2022 gibt an, dass 16% der Schülerinnen und Schüler das Gymnasium ohne Matur verlassen.1 Bei durchschnittlichen Schülerzahlen von etwa 2’500 Jugendlichen ergibt das rund 400 Personen, die über vier Jahre verteilt das Gymnasium vorzeitig abbrechen. Das ist eine nicht zu vernachlässigende Anzahl an Jugendlichen, die sich neu orientieren müssen.
Schulabbrecherinnen und -abbrechern im Gymnasium wird aber nicht nur statistisch wenig Beachtung geschenkt. Sie werden auch beim Austritt aus dem Gymnasium zu wenig unterstützt, informiert und beraten. Alle Beratungsangebote, die ihnen zur Verfügung stehen, sind freiwilliger Natur. Und so wechseln die meisten Jugendlichen aus Unwissen oder fehlendem Antrieb an eine andere weiterführende Schule wie die WMS oder die FMS, anstatt sich ernsthaft mit einer Berufslehre als Alternative auseinanderzusetzen.
Um das Potenzial von Schulabbrecherinnen und Schulabbrechern im Gymnasium besser nutzen zu können, sind zwei Massnahmen umzusetzen. Zunächst muss der Kanton Basel-Stadt ein Monitoring aufbauen, das verlässliche Zahlen zu Schulabbrüchen in den Mittelschulen liefert. Weiter muss erfasst werden, in welche Ausbildungsformen die Jugendlichen wechseln. Dabei darf die WMS nicht zusammen mit der dualen Berufsbildung unter EFZ erfasst werden, da es sich bei der Unterrichtsform um verschiedene Ausbildungswege handelt. Auf Basis dieses Monitorings können dann zielführende Massnahmen ergriffen werden.2
In einem zweiten Schritt muss der Kanton ein verpflichtendes Case-Management für austretende Schülerinnen und Schüler schaffen, um diese möglichst frühzeitig zu beraten, über Alternativen zum Gymnasium zu informieren und sie zu den nächsten Schritten zu motivieren.3 So können die Jugendlichen ohne grössere Umwege und Zeitverlust die für sie passende Ausbildung beginnen.
Die Anzugstellenden bitten deshalb den Kanton, zu prüfen und zu berichten:
- Wie innerhalb nützlicher Frist ein Monitoring aufgebaut werden kann, das verlässliche Zahlen zur Abbruchquote in Basler Mittelschulen liefert, einschliesslich der späteren Bildungsverläufe der abbrechenden Schülerinnen und Schüler.
- Wie ein verpflichtendes Case-Management für austretende Schülerinnen und Schüler geschaffen werden kann, das den Jugendlichen ermöglicht, ohne grössere Umwege die für sie passende Ausbildung zu beginnen.
Ein ähnlich lautender Vorstoss wird im Landrat im Kanton Basel-Landschaft eingereicht.
1 Regierungsratsbeschluss zur Schriftlichen Anfrage Claudio Miozzari betreffend «tiefe Abschlussquote» (22.5072.02), 29. März 2022, S. 3.
2 Der Kanton Basel-Landschaft baut zurzeit ein Monitoring auf, das ab Ende 2025 Daten liefern soll. Die bereits vorliegenden Zahlen für die Schuljahre 2019 bis 2022 zeigen, dass die Ausfallquote im ersten Schuljahr in den basellandschaftlichen Gymnasien 16 Prozent beträgt. Vgl. Beantwortung der Interpellation 2024/53 von Jan Kirchmayr: «Ausstiegs- und Abbruchquote an den weiterführenden Schulen». Vgl. auch das «Themendossier Berufsbildung» der Handelskammer beider Basel.
3 Ein vergleichbares Management existiert im Kanton Basel-Landschaft bereits in Form der Berufswegbereitung, die sich unter anderem auch an Jugendliche oder junge Menschen in der beruflichen Grundbildung richtet. Im Sinne der Gleichwertigkeit der Ausbildungswege muss für die Mittelschulen ein vergleichbares Angebot geschaffen werden.