Vier Jahre nach der zu Recht abgelehnten privatisierten e-ID erhält die Schweiz nun – mit einem Ja am 28. September – eine staatliche, sichere und kostenlose elektronische Identität. Diese neue e-ID ist ein digitalpolitischer Meilenstein – und sie trägt eine klare grüne Handschrift. Nach dem wuchtigen Nein zur ersten Vorlage 2021, gegen die wir GRÜNE uns entschieden engagierten, lancierten wir eine überparteiliche Motion. Sie legte den Grundstein für eine öffentliche, gemeinwohlorientierte Lösung. Damit wurde nicht nur der Weg frei für ein neues Gesetz – sondern auch für einen zeitgemässen politischen Ansatz: inklusiv und transparent. Der Bundesrat setzte auf ein radikal offenes Vorgehen: In einem Open-Source-Prozess entwickelten Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam die technischen Grundlagen. Dieser partizipative Ansatz ist für Bundesprojekte noch ungewohnt, hat aber massgeblich zum Erfolg beigetragen. 

VORBILD BEI DATENSCHUTZ UND DATENMINIMIERUNG 
Obwohl Bundesrat, Parlament, Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Wirtschaftsverbände und alle grossen Parteien hinter der neuen e-ID stehen, wurde das Referendum ergriffen – von der Piratenpartei sowie rechtsextremen Kreisen wie Massvoll oder den Freunden der Verfassung. Hinter ihren vorgeschobenen Sicherheitsbedenken verbirgt sich ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber dem Staat. Sie wollen verhindern, dass er überhaupt eine digitale Identität herausgibt. Eine Ablehnung des Gesetzes würde aber Tür und Tor öffnen für privatwirtschaftliche Alternativen – für Big Tech und noch mehr Datenökonomie. Dabei ist das neue Gesetz ein Vorbild in Sachen Datenschutz und Datenminimierung: Bei einem Altersnachweis wird etwa nur abgefragt, ob man alt genug ist – ohne Geburtsdatum, Name oder andere persönliche Daten. Wer sich nicht an die strengen Regeln hält, wird sanktioniert oder aus der Infrastruktur ausgeschlossen. Das stärkt die Privatsphäre, schützt insbesondere Jugendliche im Netz und ist ein echter Fortschritt gegenüber der heutigen physischen ID und der allgegenwärtigen Datensammelei.

E-ID ALS SERVICE PUBLIC 
Die Infrastruktur bleibt in öffentlicher Hand. Die e-ID ist damit ein Service Public, der der Allgemeinheit dient. Ihr Nutzen ist breit: Verträge unterzeichnen, Bankkonten eröffnen, Auszüge bestellen – einfach, sicher, digital. Besonders bedeutend: Auch Unterschriften für Volksinitiativen und Referenden sollen künftig elektronisch gesammelt werden können. Nach dem Unterschriftenbetrug 2023 ist das ein zentraler Beitrag zur Stärkung unserer direkten Demokratie. Ein weiteres Argument gewinnt an Brisanz: In Zeiten von Deepfakes und KI-Fälschungen wird digitale Vertrauenswürdigkeit zur neuen Währung. Eine staatlich verifizierte, fälschungssichere Identität wird essenziell, um sich im digitalen Raum sicher bewegen zu können – im Privaten wie im Politischen. Mit einem Ja zur e-ID gewinnen wir ein Stück digitale Selbstbestimmung zurück – und schaffen die Grundlage für eine vertrauenswürdige, gemeinwohlorientierte digitale Zukunft. 

Gerhard Andrey, Nationalrat GRÜNE Fribourg