Umfassendes Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EFTA-Indonesien: Ein Papiertiger mit Zähnen?
Was im Vertrag drin steht und was nicht.
Ein Freihandelsabkommen (FHA) will Handelsschranken zwischen zwei oder mehreren Ländern abbauen oder beseitigen. Beispiele solcher Handelsbarrieren sind Zölle. Trotz FHA sollen jedoch weder die einheimischen Produkte der Schweiz noch jene der jeweiligen Partnerländer benachteiligt werden. Seit 2010 integriert der Bund in jedes FHA ein Nachhaltigkeitskapitel. Die darin enthaltenen Bestimmungen sind verbindliche Regeln für die Vertragsparteien, basierend auf den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals) der Vereinten Nationen.
Im Umfassenden Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Comprehensive Economic Partnership Agreement, CEPA) zwischen den EFTA-Staaten (Schweiz, Island, Norwegen, Liechtenstein) mit Indonesien geht es grundsätzlich darum, Zollkonzessionen für die Einfuhr von Schweizer Exportprodukten nach Indonesien sowie von indonesischen Produkten in die Schweiz einzurichten. Dabei profitieren «alle wichtigen Schweizer Exportbranchen vom Abkommen».
Rund 98 Prozent der heutigen Ausfuhren aus der Schweiz würden zollfrei nach Indonesien eingeführt werden können. Dabei würden jährlich rund 25 Mio. Franken an Zollausgaben eingespart sowie ein grösserer Absatzmarkt für die Schweiz erschlossen.
Problempunkt Palmöl
Gleichzeitig würden indonesische Produkte importiert werden, darunter das hinter dem Begriff «Pflanzenöl» versteckte, viel kritisierte Palmöl, das in unzähligen Fertig-, Putz- und Beautyprodukten enthalten ist. Täglich werden grosse Flächen an Regenwald abgeholzt oder abgebrannt, um Monokulturen der schnell wachsenden tropischen Ölpalmen zu pflanzen. Oft werden Pestizide und synthetische Düngemittel eingesetzt, um ihr Wachstum zu fördern – auf Kosten des wertvollen, nährstoffreichen Bodens. Dieser trocknet schnell aus, was bei starken Regenfällen zu Überflutungen und Erosion führt. Gleichzeitig wird mit der Zerstörung des Regenwaldes nicht nur eine riesige Menge CO2 freigesetzt und die Nahrungsgrundlage der einheimischen Bevölkerung vernichtet, sondern auch das Habitat diverser zum Teil bedrohter Tierarten wie des Orang-Utan, Sumatra-Tigers und -Elefanten sowie des Java-Nashorns. Auf den Palmölplantagen werden oft die durch die Rodung vertriebenen Menschen zu Dumpinglöhnen als Tagelöhner*innen unter menschenrechtswidrigen Bedingungen angestellt bzw. ausgenutzt.
Greifen die Bestimmungen?
Der Palmöl-Import wäre jedoch nicht zollfrei, sondern würde von Zollreduktionen von 20-40 Prozent profitieren – unter Einhaltung verbindlicher Nachhaltigkeitsbestimmungen
sowie eines jährlichen Kontingents von max. 12’500 Tonnen. Diese Bestimmungen sind im Nachhaltigkeitskapitel des FHA verbindlich festgehalten. Der Abschnitt zum «nachhaltigen Management von Pflanzenöl» nimmt jedoch im Vertragstext nur knapp eine halbe Seite ein, wobei die Bestimmungen selbst vage formuliert sind.
Public Eye bemängelt, dass der Bund nicht selber die Qualitätsprüfung des zu importierenden Palmöls durchführt, sondern der «Round Table for Sustainable Palm Oil» (RSPO; Runder Tisch für nachhaltiges Palmöl). Dieser wurde vor seiner Revision im Jahre 2018 für nichtgreifende Kontroll- und Sanktionsmechanismen angeprangert, sodass Zweifel an der Glaubhaftigkeit und am Durchsetzungsvermögen des RSPO bzw. an dessen Kontrollfunktion laut wurden.
Der sogenannte «Gemischte Ausschuss» würde alle zwei Jahre die Nachhaltigkeitsbestimmungen und deren richtige Anwendung in Bezug auf das «Pflanzenöl» überprüfen. Fraglich bleibt, wie der Ausschuss das Monitoring durchführen würde und ob ein Zwei-Jahres-Intervall dafür das geeignetste wäre. Hingegen kann dem Abkommen der Punkt zugesprochen werden, dass Nachhaltigkeitsbestimmungen – auch wenn vage formuliert – besser sind als gar keine.
Franca Fellmann, Geschäftsführerin Grüne BL ad interim
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