Bei den Lehrpersonen in Basel-Stadt sammeln sich Jahres- und Einzellektionen an, was den Kanton zu hohen finanziellen Rückstellungen zwingt. Entsprechend begrüssen die GRÜNEN Basel-Stadt, dass sich der neue Departementsvorsteher dieser lange bestehenden Problematik annimmt. Der nun in die Vernehmlassung geschickte Vorschlag bietet aber kaum Lösungen, die zu einem deutlichen Abbau der Konti führen wird.

Seit Jahren leiden die Volksschulen unter Spardruck. Deshalb wurden Lehrpersonen mit Verträgen angestellt, welche über den Dreijahreszyklus absehbar mit zu tiefen Lektionenzahlen ausgestattet waren. Somit wurden ohne zusätzliche Verpflichtungen wie Stellvertretungen zusätzliche Stunden generiert. Eine Überprüfung der aktuellen Verträge hinsichtlich dieser Problematik wäre zwingend angezeigt.

Zudem braucht es neben der Verordnungsänderung auch Massnahmen, die den Arbeitgeber Basel-Stadt attraktiver machen und den Schulleitungen ermöglicht, die Grundproblematik der Stundenkonti mit mehr und qualifizierterem Personal anzugehen. Beispielsweise verdienen in anderen Kantonen Studierende deutlich besser, wenn sie bereits während des Studiums in den Beruf einsteigen.

Umverteilung von Lehrperson zu Lehrperson

Die vorgeschlagene Änderung der Verordnung über die Pflichtlektionenzahl und Lektionenzuteilung wird dazu führen, dass Lehrpersonen beurlaubt werden müssen und somit andere Lehrpersonen die Konti abbauen. Dies wird dann wiederum deren Konti belasten. 

Es ist unverständlich, dass sich die Lehrpersonen ihre Überstunden nicht einfacher auszahlen lassen können. Denn so führt Freizeit oder Urlaub meist zu einer Erhöhung der Lektionenkonti anderer Lehrpersonen.
Laurin Hoppler, Grossrat, jgb

Vereinbarkeit erhalten

Die Präsenz von Lehrpersonen in Teilzeit ist so geregelt, dass sich aus ihrer prozentualen Anstellung die möglichen unterrichtsfreien Halbtage ergeben. Der Regierungsrat will nun die verbindliche Überschreitung vertraglich regeln. Das hätte zur Folge, dass Lehrpersonen ihre Betreuungspflichten nicht mehr erfüllen können. Es bedarf in diesem Fall zwingend einer Absprache und Zustimmung der betroffenen Lehrperson.

Stellvertretungen voll entschädigen

Der Regierungsrat schlägt vor, dass bei einer Stellvertretung nur die reale Unterrichtszeit verrechenbar sei. Aber auch schon kurze Stellvertretungen generieren genauso administrativen, planerischen und pädagogischen Aufwand. Deshalb wäre eine Auszahlung der Stellvertretungen im Faktor 1:1 sinnvoll. Damit bestünde ein echter Anreiz, sich die anfallenden Stellvertretungen auszahlen zu lassen und somit eine Erhöhung der Lektionenkonti und die damit verbundenen Wertsteigerungen zu minimieren.

Kontakt

Stellungnahme betreffend die Vernehmlassung über die Verordnung betreffend die Pflichtlektionenzahl und die Lektionenzuteilung der Lehrpersonen an den vom Kanton geführten Schulen

Die GRÜNEN Basel-Stadt danken dem Regierungsrat für die Möglichkeiten zur Stellungnahme über die Verordnung betreffend die Pflichtlektionenzahl und die Lektionenzuteilung der Lehrpersonen an den vom Kanton geführten Schulen und nehmen wie folgt Stellung.

Die GRÜNEN Basel-Stadt anerkennen die für den Kanton ungünstige Situation, der sich in Summe und Wert vermehrenden Jahres- und Einzellektionen der Lehrpersonen in Basel-Stadt. Die finanziellen Rückstellungen sind hoch und führen zu nachvollziehbaren Schwierigkeiten in Budgetprozessen. Die Gründe für die Problematik sind aus Sicht der GRÜNEN Basel-Stadt:

Dass der Kanton als Arbeitgeber sich mit den beschriebenen Konsequenzen schwertut und diese angehen möchte, ist richtig. Der aktuelle Vorschlag geht der grundsätzlichen Problematik aber nicht auf den Grund und bietet kaum Lösungsansätze die zielführend sind, sprich einen massiven Abbau von Konti zur Folge hätte. Denn durch den geforderten Abbau der aktuellen Konti bedarf es, dass andere Lehrpersonen diese abbauen. Eine Auszahlung ist weder gewünscht noch attraktiv. Somit ist der einzige Weg, Lektionenkonti abzubauen, sich als Lehrperson beurlauben zu lassen. Dies muss vertreten werden, was in aller Regel – auch provoziert durch den Lehrpersonenmangel – durch bereits angestellte Lehrpersonen übernommen wird. Auch wenn neu ab vier Wochen Stellvertretung ein Zusatzvertrag ausgestellt werden muss, was zu begrüssen ist, so wird es im Rahmen des Abbaus genauso wieder ein Aufbau der Pflichtlektionenkonti, oder einfacher formuliert, eine Umverteilung von Lehrperson zu Lehrperson geben. So wird kein tatsächlicher Abbau realisierbar, es braucht auch Anreize.

Es gilt zwei Beobachtungen in die Gründe miteinzubeziehen:

Erstens ist der Kanton Basel-Stadt für Lehrpersonen ein guter, aber nicht sehr attraktiver Arbeitgeber. Finanziell ist die Entlöhnung zumindest zu Beginn der Karriere vergleichbar, mit der Zeit steigen die Löhne aber – je nach Stufe – deutlich weniger als in angrenzenden Kantonen. Studierende (Stichwort Nachwuchsförderung) verdienen in anderen Kantonen deutlich besser, wenn sie bereits während des Studiums in den Beruf einsteigen. Bekanntermassen machen dies zurzeit viele, da es viele offene Stellen gibt.

In den geplanten Massnahmen des Kantons fehlen jegliche Hinweise darauf, wie sich der Kanton als Arbeitgeber konkurrenzfähiger und attraktiver machen will und so die bestehenden Lehrpersonen einerseits honoriert, aber auch Möglichkeiten für die Schulleitungen generiert, die Grundproblematik der Stundenkonti mit mehr und qualifizierterem Personal anzugehen.

Zweitens ist die Situation auch dadurch entstanden, dass gerade die Volksschulen unter Spardruck gesetzt wurden und werden. Dies hatte zur Folge, dass mit Lehrpersonen Verträge vereinbart wurden, die mit der tiefsten Lektionenzahl, welche in einem Schul-Zyklus zu erwarten ist, bestückt wurden. In der Regel arbeiten Lehrpersonen an der Volksschule in Dreijahreszyklen, die voraussehbar sind (1. – 3. Primar, 4. – 6. Primar & 1. – 3. Sek). Ist in einem Beispiel vorhersehbar, dass eine Lehrperson im ersten Jahr 16 Lektionen, im zweiten 18 Lektionen und im dritten 17 Lektionen arbeiten wird, kommt es der Erfahrung nach häufig vor, dass ein Vertrag über 16 Lektionen ausgestellt wird. In Summe generiert die Lehrperson damit bereits ohne zusätzliche Verpflichtungen – welche selbstredend bei der aktuellen Personallage häufig eintreten – drei Jahreslektionen auf ihr entsprechendes Konto. Eine saubere Prüfung der aktuellen Verträge auf diese Problematik hingehend wäre zwingend notwendig. Dies hätte eine direkte Kostenfolge, welche sich der Kanton bei der aktuellen und vergangenen Finanzlage leisten kann und muss.

Gerne nehmen wir noch zu jenen Punkten Stellung, welche kritisch betrachtet werden:

§ 3 Abweichung vom Beschäftigungsgrad

Vorgeschlagene Regelung Regierungsrat:

1Die Lehrpersonen haben Anspruch auf den vertraglich festgelegten Beschäftigungsgrad. Sie können von der Schulleitung aus betrieblichen Gründen vorübergehend dazu verpflichtet werden, Lektionenzuteilungen zu übernehmen, die maximal um +/– 2 2⁄3 (Kindergarten, Primarschule) bzw. +/– 2 (übrige Schulen) Jahreslektionen vom vertraglich festgelegten Beschäftigungsgrad abweichen.

Die Präsenz von Lehrpersonen in Teilzeit ist so geregelt, dass sich anhand ihrer Anstellung (in Prozent) die möglichen unterrichtsfreien Halbtage ergeben. Da eine verbindliche Überschreitung der vertraglich geregelten Lektionen zur Folge haben kann, dass Lehrpersonen mit Betreuungspflichten diese nicht mehr erfüllen können, bedarf es in diesem Fall zwingend einer Absprache und Zustimmung der betroffenen Lehrperson. Somit schlagen wir vor, dass der Paragraph um folgenden Satz ergänzt wird:

Dabei muss die Schulleitung die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Betracht ziehen, zusätzliche Halbtage bei Teilzeit angestellten Lehrpersonen, sind bei familiären Betreuungspflichten nur mit Einverständnis der Lehrperson gestattet.

§ 4bis Stellvertretungen:

Vorgeschlagene Regelung Regierungsrat:

1Bei einer Stellvertretung von bis zu vier Wochen kann die Lehrperson sich wahlweise die zusätzlichen Lektionen als Einzellektionen gutschreiben oder ausbezahlen lassen. Die Gutschrift auf das Einzellektionenkonto erfolgt zu 85 % des regulären Zeitwerts pro Lektion und die Auszahlung zu einem Ansatz von 85 % des regulären Lohns, wobei die Pflichtlektionenzahl sich nach der Stufe richtet, an der unterrichtet wird.

Der Regierungsrat argumentiert, dass bei einer Stellvertretung nur die reale Unterrichtszeit verrechenbar sei. Dies entspricht nicht der Realität, denn auch schon kurze Stellvertretungen generieren genauso administrative, planerische und pädagogische Aufwendungen, führen zu Elternkontakten, Absprachen im Team usw., wie vertraglich festgelegter Unterricht auch. Gerade hier wäre es sinnvoll, eine Auszahlung der Stellvertretungen endlich zum Faktor 1:1 zu ermöglichen. Damit wäre ein echter Anreiz da, gerade bei jungen Lehrpersonen, sich die anfallenden Stellvertretungen auszahlen zu lassen und somit eine Erhöhung der Lektionenkonti und die damit verbundenen Wertsteigerungen zu minimieren. Aktuell ist die Zeitgutschrift gleichwertig mit einer eigenen Lektion, die Auszahlung hingegen auch schon geringer. Hier macht der Kanton den Schritt in die falsche Richtung, in dem er die Anstellungsbedingungen ohne Not verschlechtert, anstatt einen positiven Anreiz zu setzen. Es stellt sich auch die Frage, wie es möglich ist, Arbeitszeit unterschiedlich zu werten.

Entsprechend schlagen wir folgende Anpassung vor:

1Bei einer Stellvertretung von bis zu vier Wochen kann die Lehrperson sich wahlweise die zusätzlichen Lektionen als Einzellektionen gutschreiben oder ausbezahlen lassen. Die Gutschrift auf das Einzellektionenkonto erfolgt zu 100 % des regulären Zeitwerts pro Lektion und die Auszahlung zu einem Ansatz von 100 % des regulären Lohns.

§ 8 Umgang mit Minus- und Überstunden aus dem Jahreslektionenkonto

Vorgeschlagene Regelung Regierungsrat:

1Eine Auszahlung von Überstunden aus dem Jahreslektionenkonto auf Antrag einer Lehrperson ist nur gestattet, wenn eine Kompensation durch Freizeit über das Lektionenkonto oder über Urlaub nicht möglich ist und die Auszahlung den Interessen der Schule nicht zuwiderläuft.

Es ist unverständlich, dass hier den Lehrpersonen nicht die Möglichkeit gegeben wird, sich ihre Überstunden einfacher auszahlen zu lassen. Gerade in Anbetracht der einleitend beschriebenen Problematik, dass Freizeit oder Urlaub meist eine Erhöhung anderer Lektionenkonti bedeutet. Die Interessen der Schule könnten soweit berücksichtigt werden, dass eine Auszahlung bis auf eine Jahreslektion im Plus auf einfache Art beantragt werden kann. Wir schlagen deshalb nachfolgende Anpassung vor, die wir zur Zielerreichung als sinnvoller und zielführender erachten:

1Eine Auszahlung von Überstunden aus dem Jahreslektionenkonto auf Antrag einer Lehrperson ist immer auf Ende Semester gestattet. Dabei darf ein Saldo von einer Jahreslektion plus nicht unterschritten werden.

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