Unsere Umwelt ist an einem kritischen Punkt angekommen. Die Schweiz, eines der wohlhabendsten Länder der Welt, trägt eine besondere Verantwortung, ihren Beitrag zur Lösung dieser globalen Krise zu leisten. Die Umweltverantwortungs-Initiative (UVI) bietet einen klaren Weg: Sie fordert, dass die Schweiz ihre Produktion und ihren Import so gestaltet, dass nur so viele Ressourcen verbraucht und Schadstoffe freigesetzt werden, wie die Natur verkraften
kann. Grundlage dafür ist das Konzept der planetaren Grenzen, das die ökologischen Belastungsgrenzen unseres Planeten definiert.

Ein ambitioniertes Ziel mit klarer Frist

Innerhalb von zehn Jahren soll die Schweiz ihre Umweltbelastung so weit reduzieren, dass sie innerhalb dieser planetaren Grenzen bleibt. Diese Frist ist nicht willkürlich: Wissenschaftler:innen betonen, dass die nächsten Jahre entscheidend sind, um irreversible Schäden und das Überschreiten von Kipppunkten zu verhindern. Technologien und finanzielle Mittel für einen ökologischen Wandel sind bereits vorhanden – es fehlt lediglich der politische Wille. Jetzt zu handeln, ist nicht nur notwendig, sondern auch eine Chance, unsere Zukunft aktiv zu gestalten.

Sozialverträgtlichkeit im Mittelpunkt

Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit gehen Hand in Hand. Umweltzerstörung führt zu Leid, Flucht und Kosten, die oft die Schwächsten der Gesellschaft am härtesten treffen. Unsere Initiative berücksichtigt diesen Zusammenhang und setzt auf solidarisches Handeln.

Wenn die Schweiz ihre Umweltbelastung senkt, verschafft sie ärmeren Ländern mehr Zeit, um ihren ökologischen Umbau voranzutreiben. Darüber hinaus fordern wir, dass Massnahmen im In- und Ausland sozialverträglich umgesetzt werden. Nachhaltigkeit darf nicht auf Kosten der Schwächsten gehen – weder national noch international.

Wie die Umsetzung gelingen kann

Der Initiativtext selbst lässt bewusst offen, wie genau die Ziele erreicht werden sollen – das ist Aufgabe des Parlaments. Entscheidend ist jedoch, dass ein «Weiter so» keine Option mehr ist. Wir brauchen klare Regeln für den Umweltschutz, faire Handelspraktiken und Investitionen in den ökologischen Wandel. Die Finanzierung kann unter anderem durch Lenkungsabgaben, Lockerung der Schuldenbremse oder eine solidarische Umweltabgabe der Vermögendsten erfolgen.

Ein weiterer wichtiger Hebel ist die Abschaffung umweltschädlicher Subventionen. Laut einer Studie der  EidgenössischenForschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) gibt der Bund jährlich 40 Milliarden Franken für Subventionen aus, die der Biodiversität schaden. Diese Mittel könnten stattdessen in die Förderung nachhaltiger Projekte fliessen.

Die Umsetzung der Initiative ist machbar und keineswegs übermässig bürokratisch. Die EU verlangt bereits Ökobilanzen für zahlreiche Produkte, und viele Unternehmen haben dafür spezialisierte Abteilungen eingerichtet. Auch in der Schweiz gibt es zahlreiche Dienstleister, die auf die Erstellung solcher Bilanzen spezialisiert sind. Die Initiative fordert, dass wir genauer hinschauen und die Umweltbelastungen transparent machen. Dies ist kein überflüssiger Aufwand, sondern eine notwendige Grundlage für nachhaltige Entscheidungen.

Wirtschaft und Gesellschaft im Wandel

Eine intakte Umwelt ist die Grundlage jeder funktionierenden Wirtschaft. Ohne nachhaltige Ressourcenbewirtschaftung drohen der Verlust von Flächen und Ressourcen sowie ständige Krisen, die unsere Lebensgrundlagen gefährden. Die Initiative gibt der Wirtschaft einen klaren Rahmen: Wachstum darf nicht auf Kosten von Mensch und Natur geschehen. Der Wandel ist unvermeidlich – ob kontrolliert durch vorausschauendes Handeln oder unkontrolliert durch die Krisen selbst, liegt an uns.

Jetzt zu handeln, bietet nicht nur Schutz, sondern auch eine Vielzahl von Chancen: mehr Lebensqualität, bessere Naherholungsräume, gesunde Lebensmittel und zukunftsfähige Arbeitsplätze.

Die Verantwortung der Schweiz

Die Schweiz hat aufgrund ihres überproportionalen Konsums eine besondere Verantwortung. Pro Kopf verbrauchen wir dreimal so viele Ressourcen, wie global nachhaltig verfügbar wären – damit gehören wir zu den grössten Umweltsündern Europas. Doch gerade unser Wohlstand, unsere Technologien und unsere demokratischen Strukturen bieten die besten Voraussetzungen, um eine Vorreiterrolle einzunehmen. Indem wir handeln, können wir nicht nur unserer Verantwortung gerecht werden, sondern auch anderen Ländern ein Beispiel geben.

Eine lebenswerte Zukunft gestalten

Die planetaren Grenzen bieten uns einen klaren Rahmen, um das Überleben auf der Erde langfristig zu sichern. Wir stehen an einem Scheideweg: Entweder gelingt es uns, die planetaren Grenzen zu respektieren und die nötigen Massnahmen für einen nachhaltigen Umgang mit unseren Ressourcen zu ergreifen, oder wir riskieren unumkehrbare Schäden. Die Zeit zu handeln ist jetzt.

Erschienen im Grünwärts Januar 2025

Rebecca Laager, jgb nordwest