Zulassungsbeschränkung darf nicht zu Zweiklassenmedizin führen
In ihrer Stellungnahme begrüssen die GRÜNEN Basel-Stadt zwar das gemeinsame Vorgehen der Kantone. Die vorgeschlagenen Zulassungsbeschränkungen müssen aber überarbeitet werden.
Die Regierungsräte beider Basel schlagen in der Vernehmlassung zur Teilrevision des Gesundheitsgesetzes über Zulassung von Leistungserbringern zur Tätigkeit zulasten der OKP eine Berechnungsmethode der Höchstfallzahlen vor, die selbst in der Ärzteschaft sehr umstritten ist.
Indirekte Kosten berücksichtigen
Für den Standort Basel-Stadt sind bei der Berechnung der Höchstzahlen die indirekten Kosten von überragender Bedeutung.
Die GRÜNEN Basel-Stadt fordern deswegen, dass die Berücksichtigung der indirekten Kosten nach Krankheitsarten erfolgen und zur Berechnung der Höchstfallzahlen und der Zulassungsbeschränkung einbezogen werden soll.
Kollateralschäden von Zulassungsbeschränkungen sollen durch flankierende Massnahmen entgegengewirkt werden. Angesichts der demografischen Entwicklung und der Bedeutung von Gesundheit als höchstes Gut soll die bestmögliche medizinische Versorgung für alle Einwohner*innen angeboten werden. Eine Zweiklassenmedizin muss vermieden werden. Eine Regulierung von Fehl- und Überversorgung soll durch die Stärkung der Hausarztmedizin und einen guten Zugang zu hochstehenden Informationen für Patient*innen erreicht werden und nicht durch eine übermässige Zulassungseinschränkung von Leistungserbringern.
Gemeinsames Vorgehen zweckmässig
Mit Blick auf das Projekt «Gemeinsame Gesundheitsregion» sind gleichlautende gesetzliche Bestimmungen in beiden Kantonen sinnvoll. Der Handlungsspielraum des Regierungsrats ist durch das Bundesrecht stark eingeschränkt. Es ist wesentlich, dass das teilrevidierte Gesundheitsgesetz den grösstmöglichen Spielraum gibt, damit die medizinische Versorgung für die Bevölkerung hochstehend bleibt.
Stellungnahme zur Teilrevision des Gesundheitsgesetzes, Zulassung von Leistungserbringern zur Tätigkeit zulasten der OKP
Sehr geehrte Damen und Herren
Die GRÜNEN Basel-Stadt nehmen nachfolgend die Gelegenheit war, im Rahmen der Vernehmlassung zur Teilrevision des Gesundheitsgesetzes (GesG), Zulassung von Leistungserbringern zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) Stellung zu beziehen.
Mit Blick auf das Projekt «Gemeinsame Gesundheitsregion» erachten es die GRÜNEN Basel-Stadt wie die Regierungsräte der beiden Basel als zielführend und zweckmässig, in beiden Kantonen möglichst gleichlautende gesetzliche Bestimmungen zur Umsetzung der bundesrechtlichen Gesetzgebung über die OKP-Zulassung zu schaffen. Dies begründet sich erstens durch die faktisch enge Vernetzung der ambulanten Versorgung in der Region, zweitens durch Art. 55a Abs. 3 KVG und drittens durch den Staatsvertrag über die gemeinsame Gesundheitsversorgung. Schliesslich dient eine Regelung des Sachverhalts auf Gesetzesebene der Rechtssicherheit und verhilft dieser zu demokratischer Legitimation.
Der Handlungsspielraum für die Ermittlung und Festlegung der Höchstfallzahlen des Regierungsrats durch das Bundesrecht ist stark eingeschränkt. Deshalb erscheint es uns wesentlich, dass das teilrevidierte Gesundheitsgesetz dem Kanton Basel-Stadt den grösstmöglichen Spielraum gibt, damit das medizinische Versorgung für die Bevölkerung hochstehend bleibt.
Die Methodik zur Berechnung der Höchstfallzahlen (vgl. Begrenzen wir die Kollateralschäden von Zulassungsbeschränkungen, 26.04.2023: https://saez.ch/article/doi/saez.2023.21770) ist erstens sehr umstritten.
Die Ermittlung der Höchstzahlen ist zweitens durch die Tatsache verkompliziert, dass Ärzt*innen, die in einer Einrichtung nach Artikel 35 Absatz 2 Buchstabe n KVG tätig sind, nicht als Leistungserbringer*innen im Sinne des KVG gelten und deshalb keine Zulassung zur Tätigkeit zulasten der OKP brauchen. Eine interkantonale Vergleichsstudie zum Gesundheitszustand der Bevölkerung je nach Methodik zur Berechnung der Höchstfallzahlen und deren Umsetzung soll in Betracht gezogen werden.
Die GRÜNEN Basel-Stadt weisen darauf hin, dass eine umfassende volkswirtschaftliche Betrachtung der Krankheitskosten mit Berücksichtigung der indirekten Kosten (das heisst die entgangene Wertschöpfung durch vorzeitigen Tod, Arbeitsunfähigkeit und Invalidität) nicht nur unerlässlich ist, sondern für den Standort Basel-Stadt damit bei der Berechnung der Höchstzahlen von immanenter Bedeutung ist.
Die GRÜNEN Basel-Stadt fordern deswegen mit Nachdruck, dass die Berücksichtigung der indirekten Kosten nach Krankheitsarten erfolgen und zur Berechnung der Höchstfallzahlen und der Zulassungsbeschränkung einbezogen werden soll.
Kollateralschäden von Zulassungsbeschränkungen sollen durch flankierende Massnahmen entgegengewirkt werden. Durch geeignete Massnahmen soll verhindert werden, dass eine nicht zweckmässige und nicht zielführende Regulierung erfolgt. Angesichts der demografischen Entwicklung und der Wertehaltung der Bevölkerung in Bezug auf die Gesundheit (Gesundheit als höchste Gut) soll der Kanton Basel-Stadt die bestmögliche medizinische Versorgung für alle Einwohnerinnen und Einwohner anbieten. Eine Zweiklassenmedizin muss vermieden werden.
Eine Regulierung von Fehl- und Überversorgung soll eher durch die Stärkung der Hausarztmedizin und einen guten Zugang zu qualitativ hochstehenden Informationen für Patient*innen erreicht werden („patient empowerment“) als durch eine übermässige Zulassungseinschränkung von Leistungserbringer*innen. Dies ist aufgrund der bereits erwähnten demografischen Entwicklung mit Zunahme von Komorbidität unerlässlich.
Grundversorgung und Spezialgebiete entwickeln sich zurzeit uneinheitlich. Zudem ist die Stärkung der Inneren Medizin und der Pädiatrie in der Gemeinsamen Gesundheitsregion dringend nötig. Deshalb erachten es die GRÜNEN Basel-Stadt als weitaus sinnvoller, die Rahmenbedingungen für Kinderärzt*innen und Hausärzt*innen aktiv zu verbessern – anstatt mittels Höchstzulassungszahlen die Absolvierung bestimmter Facharzt-Ausbildungen unattraktiver zu machen.